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I Am Heresy - I Am Heresy

I Am Heresy- I Am Heresy

End Hits / Cargo
VÖ: 22.02.2013

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

In Sippenhaft

Zu einem der größten Versprechen der populären Musik gehörte es immer, dass sie sich nicht schert um den familären Background. Die Mama ist Gymnasiallehrerin? Umso besser, da findet sich doch sicher manche Spießigkeit, gegen die Tochter ankreischen kann - und der Musikunterricht wird auch noch von Mama und Papa geblecht. Papa hat "nur" mittlere Reife? Das fragt im Club schon keiner ab, wir sind ja nicht im Vorstellungsgespräch. Einzig im HipHop haben die Geschichten vom sozialen Aufsteiger noch Überzeugungskraft - quasi als dunkle Seite des Materialismus. Ansonsten gilt: Wo Du herkommst ist egal, entscheidend ist, was Du tust.

Simon Gray und Jonah Latshaw hätten es schwer, wenn diese Gleichung immer stimmen würde. Sie sind zwei Sechstel von I Am Heresy, die mit dem gleichnamigen Debüt vor allem für müdes Schulterzucken sorgen - was bei dem nominell fiesen Sound zwischen Knochenmühle und Converge-Geballer fast schon eine Leistung ist. In die Zeitungen, die Blogs und die Clubs kommen die zwei Jungs aus anderen Gründen: Ihre Väter spielen bei Boysetsfire. Nathan Gray, einer von beiden Erzeugern und zudem Sänger und Manifestschreiber bei den erwähnten Hardcoreriesen, hat sich zudem erbarmt, nicht nur seinen Namen zu spendieren, sondern das Album auch noch einzusingen. Ok, das ist eine gemeine Interpretation: Eigentlich hat er die Band gegründet.

An zwei großen Schwächen krankt "I Am Heresy": Erstens ist von der stilprägenden Stimme einer halben Hardcoregeneration fast nichts erkennbar. Nathan Gray röhrt wie bei einer jener x-beliebigen Kapellen, die mal Boysetsfire zu den wichtigsten Einflüssen zählten. Aufdringlich bemüht tönen die zersägten Stimmbänder bei "In the light of a decaying sun". Hier wirkt das verschleppte Schema-F-Stakkato samt ganz viel Evilness fast wie eine Persiflage. Zweitens ist das Album randvoll mit uninspirierten Baukasten-Riffs. Dissonanz ist nicht automatisch gleich Komplexität. Einzig "...and yet it moves" vermeidet diese beiden Mankos und stellt sich klugerweise in die große Traditionslinie und klingt dabei wie eine brutalere Variante von Boysetsfire. Endlich mal samt einer Gitarre, die so etwas transportiert wie Melodie.

Natürlich kommt auch der Pop nicht ohne Wurzeln und seine Ursprünge aus. Hier ersetzt das Wissen um den Kanon, um die Klassiker, Zitate und Grabenkämpfe die Familienbande. Guter Pop weiß um seine Vorgänger. Auch jedes Zitat muss Sinn machen. Wenn eine Band im Jahre 2013 zum Beispiel Versatzstücke aus dem Instrumentarium von Joy Division borgt, muss sie dafür Gründe angeben können. Wenn Franz Ferdinand dem Wave der 1980er Jahre allen Pessimismus austreiben und damit diesen Erfolg haben, dann sagt das einiges aus über den Zustand der Welt. In dieser Hinsicht ist "I Am Heresy" ernüchternd geschichtslos. Nirgendwo hinterlässt ihr Schlachtfest Spuren, an keiner Stelle ist vernehmbar, was "I Am Heresy" wirklich will - und wo es herkommt. 20-Jährige mögen noch wütend sein ohne Grund. Beim alten Hasen Nathan Gray wirkt die Aggression dieses Albums aufgesetzt und zudem schlecht gemiemt. Es bleibt dabei: Entscheidend ist, was Du tust.

(Nicklas Baschek)

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Highlights

  • And yet it moves

Tracklist

  1. The sycophant
  2. In the light of a decaying sun
  3. ...and yet it moves
  4. Prince of the flies
  5. Butchers!
  6. Seven wolves and the daughters of the apokalypse
  7. Osculum infame
  8. I am heresy
  9. Jesus doesn't work here anymore

Gesamtspielzeit: 26:07 min.

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