Niagara - Otto

Monotreme / Cargo
VÖ: 15.02.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Das Kipplaster
Erscheint die Zahl "8" im perfekten Neigunswinkel, so bildet sie, wohlbekannt, ein falsches Symbol für die Unendlichkeit: "∞". Aus einer schnöden Zahl wird eine rekursive Schleife, aus Vertikal wird Horizontal, aus ein paar Gläsern zu viel zunächst ein Torkeln, dann ein Fall und schließlich die stabile Seitenlage. Das Problem bei solcher Zahlenmagie: Ohne Schwerkraft funktioniert weder der Fall noch die Wandlung von linearem Fortschritt zu Unendlichkeit. Die Turiner David Tomat und Gabriele Ottino wissen dies durchaus zu berücksichtigen. Als Niagara arrangieren sie aus dem schmalen Grat zwischen Indietronics und Freak-Folk-Schleifen einen Abgrund mit eigener Gravitation. Und der Titel ihres Zweitwerks "Otto" steht im Italienischen zwar für die "8" und damit für die Unendlichkeit - zugleich ist er aber auch einfach ein gut klingendes Scrabble ihrer Nachnamen.
Auch Niagaras Musik tut zwar so, als habe sie Einstein und Heisenberg im Koffer - die Umsetzung ist jedoch erfreulich effektiv und zupackend. So werden bei "Superbe" oder der Vorabsingle "Seal" Ukulelen, Vocoder- und Spandau-Ballet-Gesangslinien von TripHop-Beats, tiefen Bassimpulsen und melancholisch konternden Sci-Fi-Keyboards umzingelt. Das hat durchaus die Anmutung von Talk Talk im Popgewand der mittleren 1980er Jahre, zugleich aber einen ganzen Batzen mehr an Indie- und Clubkultur. Zu "Etacarinae" schüttelt ein Beatles-Takt irgendwann seine harmongedämpften Trompeten ab und desertiert in dampfenden Shoegaze-Rave. Und "E.V.A." mausert sich zu einem einzigen nach vorne strebenden Trip aus Synthie-Tickern, Gesangskaskaden und einem Beat nahe der Herzfrequenz.
Allerdings wird bei all dem scheinbar nicht deutlich genug, dass sich Tomat und Ottino vor allem auch als Soundtüftler verstehen. Deshalb schicken sie die abschließenden "Galaxy glacier" und "Love me love me" durch allerlei Frequenzgerüttel, -geknatter und -geschüttel, entziehen ihren Kompositonen also zum Ende hin die poppige Schwerkraft und beenden "Otto" eher als Statement denn als weitere Sound- und Songverdichtung. Das ist schon ein wenig schade, konsequent bleibt es aber allemal. Zwischen Drahtseilakt und gähnendem Abgrund kippt "Otto" nie ins Bodenlose. Wie könnte es auch?
Highlights
- Superbe
- Seal
- E.V.A.
Tracklist
- Eight
- Superbe
- Seal
- Watershipdown
- Etacarinae
- E.V.A.
- Galaxy glacier
- Love me love me
Gesamtspielzeit: 34:25 min.
Referenzen
National Skyline; Don Niño; Sandro Perri; Corridor; Arms And Sleepers; A Mountain Of One; The Sea And Cake; Sam Prekop; Slowdive; Ken Freeman; Telefon Tel Aviv; Ken Freeman; Electric President; Mothlite; M83; Animal Collective; Alt-J; Vangelis; Panda Bear; Smog; Archer Prewitt; Bibio; Red Snapper; Talk Talk; Spandau Ballet; Jim O'Rourke; Aerial M; Papa M; Guitar; Pajo; Caravan; Soft Machine; Mice Parade; Tristeza; Battles; Tortoise; Trans Am; Belle & Sebastian; HiM; The Boom; The Letter E; Everlasting The Way
Surftipps
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- John Southworth - Niagara (25 Beiträge / Letzter am 26.09.2016 - 10:20 Uhr)