Camper Van Beethoven - La costa perdida
Neo 429 / Sony
VÖ: 15.02.2013
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Die Unfassbaren
Camper Van Beethoven sind eine dieser Bands, die immer ein bisschen verschwommen bleiben. Irgendwie Rockmusik, irgendwie bedeutend für den Indierock, irgendwie immer noch in den Achtzigern verhaftet, und irgendwie hört man nur selten etwas Neues. "Take the skinheads bowling" funktioniert seit 30 Jahren in der Indie-Disco, ohne jemandem auf die Nerven zu gehen, der Rest schwankt zwischen exzentrisch und genial. So richtig den Finger drauf bekommt man aber nicht. Nun bringt die Band zum zweiten Mal in diesem Jahrtausend ein bisschen etwas von ihrer Verschrobenheit aufs Notenpapier. Und "La costa perdida" ist zum Glück nicht nur im Titel, sondern auch inhaltlich lockerer als "New Roman times".
Statt "R 'n R Uzbekistan" gibt es "Northern California girls", und statt "Civil disobedience" heißt es "You got to roll". Also bitte die Sonnenbrille aufsetzen, zurücklehnen und trotz Wirtschaftskrise einmal abschalten. Klar, Politik ist total wichtig - aber ein bisschen Urlaub wird ja wohl noch erlaubt sein. Vor allem gerade jetzt, wo so schön die Sonne scheint. Genau so eine Platte ist "La costa perdida": bewusst abschalten, alle Viere von sich strecken und David Lowery dabei zuhören, wie er in "Come down the coast" reihenweise Frauen an die Küste einlädt, während die Band sonnigen California-Country spielt. Ob das nun Altersmilde oder Tiefenentspanntheit ist, spielt kaum eine Rolle. Denn die Songs passen auch auf dieser Grundlage vorzüglich in die seltsame Welt von Camper Van Beethoven.
Nicht, dass die Kalifornier jemals besonders schlecht gelaunt waren - aber auf "La costa perdida" hält die übergeordnete Atmosphäre all die Eigenartigkeiten besser zusammen, als das auf dem Vorgänger der Fall war. Da ist etwa das leiernd-strauchelnde Ende von "Too high for the love-in" mit den schönen Zeilen "Bring to me the antivenom / And make me a sandwich". In "You got to roll" versucht sich die Band an einem sumpfigen Blues, dessen lässig gecroonte Strophe einen schönen Kontrast zu den gegenläufig fiependen Gitarren im Refrain bildet. Das zentrale "Northern California girls" glänzt mit Chören, niedlich fiedelnden Geigen, warmen Harmonien im Dutzend und sieben Minuten strahlendem Folkrock.
Dagegen ist "Peaches in the summertime" mindestens mal klassischer Ska, vielleicht auch Skapunk. Und der Titelsong holt sogar die Polka raus. Camper Van Beethoven mischen also, was sie schon immer vermischt haben. Und seltsamerweise stehen sie damit nach 30 Jahren immer noch recht allein da. Vielleicht weil niemand die Band so recht zu fassen kriegt. Vielleicht aber auch, weil sich niemand traut.
Highlights
- Come down the coast
- Peaches in the summertime
- Northern California girls
Tracklist
- Come down the coast
- Too high for the love-in
- You got to roll
- Someday our love will sell us out
- Peaches in the summertime
- Northern California girls
- Summer days
- La costa perdida
- Aged in the wood
- A love for all time
Gesamtspielzeit: 43:04 min.
Referenzen
Cracker; Papas Fritas; Lambchop; The Mekons; Tom Petty; Minutemen; The Waterboys; The Meat Puppets; fIREHOSE; The Dead Milkmen; The Replacements; Paul Westerberg; Pixies; Uncle Tupelo; Wilco; The Walkabouts; Guided By Voices; Frank Black; Hüsker Dü; The Old 97's; Violent Femmes; X; Grateful Dead; Neil Young; Steve Earle; Bob Mould; The Fall; Ween; The Bottle Rockets; They Might Be Giants; The Fiery Furnaces; Giant Sand; Sugar
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