The Bronx - The Bronx (IV)
Ato / PIAS / Rough Trade
VÖ: 01.02.2013
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Die Ruhe im Sturm
Wird da jemand schwach? Der Pressetext spricht vom Erwachsenwerden von The Bronx. Dies ist zumeist als Paraphrase für sinkende Energie und zunehmende Weichmacherei zu verstehen. Die Kalifornier und soft? Eindeutig ein Widerspruch in sich! Jenes Quintett, das sich vor fünf Jahren beinahe wie seinerzeit Jake La Motta als "Raging bull" mit Fäusten und Zähnen durch sein drittes Opus wütete, einen Haufen Knochenbrüche hinterließ und dazu so viel Asozialität versprühte? Natürlich relativiert der Beipackzettel sofort: nein, man sei zwar älter geworden, aber kein bißchen leiser. Die Probe muss der Hörer selbst aufs Exempel machen. Und ja: The Bronx sind softer geworden. Aber das tut diesem kraftvollen musikalischen Statement keinen Abbruch. Die Band berserkert immer noch genug um sich und spuckt dabei abgestandenes Bier durch die Gegend.
"The Bronx (IV)" stellt tatsächlich so etwas wie eine Reifeprüfung dar, zieht man als direkten Vergleich das dritte selbstbetitelte Meisterwerk von 2008 heran. Wo "The Bronx" sich unbezwingbar und mit Scheiß-drauf-Attitüde selbst die Nase blutig schlug und nichts auf Kollateralschäden gab, geht die Band im Jahre 2013 subtiler zu Werke. Doch was heißt schon subtil bei einem solchen Testosteronspiegel? Natürlich nach vorn, wofür "The unholy land" sogleich ein exzellentes Beispiel liefert. Doch schleichen sich inzwischen nuanciertere Melodiebögen in die Wut und kanalisieren diese in reflektiertere Bahnen. Als würde ein Volltrunkener in Fordham im Mondlicht neben Edgar Allan Poes Wohnhaus kotzen und dabei Mozarts "Kleine Nachtmusik" pfeifen. In das Gebräu widerstandsfähiger Aversion mischt sich beharrliche Lebensbejahung. Fraglos herrscht immer noch Verschwendung um jeden Preis, diesmal aber scheint eine Sublimation vorzuherrschen, die den Kunstcharakter transparenter durchscheinen lässt: eine Verspieltheit, die mit der eigenen musikalischen Tradition flirtet und auf die Hardcore-Strukturen der 1980er zurückgreift, sodass Black Flag im Timewarp gleich zweimal grüßen. Dabei kommen gesellschaftskritische Töne nicht zu kurz.
Eine perfekte Mischung liefert "Style over everything". Mit rüpelhafter Energetik, aus der giftige Galle nur so sprudelt, krachen The Bronx wie eine Dampfwalze durch die eigenen vier Wände und öffnen sich einem treibenden, melodiösen Refrain, der mitreißt und verspielt wie eine Mischung aus Black Flag und The Victims daherkommt - eine Reflektion hin zum Ästhetischen. Das Leben ist halt manchmal wie eine Schachtel Pralinen, von der man nicht weiß, was man kriegt. Warum es sich nicht schön machen und genießen? New York kann nämlich auch für Kalifornier nett sein.
Der melodiöse Einschlag auf "IV" zieht sich wie ein roter Faden durchgängig durch alle zwölf neuen Perlen dieser Ausnahmeerscheinung von Band, bis der Hörer verdutzt bei "Torches" ankommt, das klanglich irgendwo aus den verschollenen Tracks der frühen ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead herausgekramt worden zu sein scheint. Eine gehörige Dosis Wohlfühlmelodie schwingt durch das Stück, die durch madige Zivilisationsschelte noch verschönert wird. Ein Genuss. Mit "Life less ordinary" kommt dann die spielfreudige Konfliktbewältigung komplett zum Erliegen: mit schweigsamem, auf eine verzerrte Gitarre heruntergebrochenem Minimalismus, den Matt Caughthrans brüchige Stimme in die Höhe treibt. Klingt ungewohnt, aber verdammt stark. Hier halten sich Stil und Substanz die Waage. Es bleibt damit die wichtige Frage: Haben The Bronx mit "IV" ihr viertes Meisterwerk in Folge zu Wege gebracht? Darauf kann man mit einem eindeutigen "Ja" anstoßen. Wer daran zweifelt, möge sich "Last revelation" anhören und auf ewig schweigen.
Highlights
- The unholy hand
- Along for the ride
- Style over everything
- Last revelation
Tracklist
- The unholy hand
- Along for the ride
- Style over everything
- Youth wasted
- Too many devils
- Pilot light
- Torches
- Under the rabbit
- Ribcage
- Valley heat
- Life less ordinary
- Last revelation
Gesamtspielzeit: 30:21 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
B-R-O-N-X |
2016-07-14 09:39:44 Uhr
gestern live in München. Mit Support Frank Carter & The Rattlesnakes. Eines der besten Konzerte, die ich je gesehen habe. Ein sehr mächtiger Live Auftritt. Einer der besten Live-Bands des Erdballs. |
Analytiker |
2013-02-03 20:30:25 Uhr
Idealismus ist nichts zwingen gutes.Manches mal schon wurde daraus Fanatismus mit fatalen Folgen. |
erdiger rock mit eiern |
2013-02-03 20:22:59 Uhr
haha, nein, ich bin nicht bezahlt, ich feier die band aus idealismus. |
|
2013-02-03 20:22:59 Uhr
Sorry, aber sell out vorwürfe wegen platz 3xx bei den amazon verkäufen? Seriously? Habt ihr das album überhaupt angehört? Mehr als 1 mal? Seit ihr 15 jahre alt und noch in eurer antikommerzrebellenphase? Maximaler fremdschämfaktor wegen solch geistigem dünnpfiff... |
Rührei unterm Rock |
2013-02-03 20:18:23 Uhr
muss man nicht. div. beiträge im form lassen nur anderes vermuten. |
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Referenzen
The Drips; The Ghost Of A Thousand; The Computers; Cancer Bats; Gallows; Blackhole; Every Time I Die; Bullet Testament; The Plight; None More Black; Feed The Rhino; Fucked Up; The Riverboat Gamblers; Pulled Apart By Horses; Hot Water Music; Trash Talk; The Loved Ones; The Flatliners; Dead To Me; Propagandhi; Off!; This Is Hell; Frenzal Rhomb; Cave In
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