Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Creed - Weathered

Creed- Weathered

Wind-Up / Epic / Sony
VÖ: 19.11.2001

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Hände zum Himmel

Alle Wetter! Man darf schon sehr daran zweifeln, ob die Jungs von Creed ihre sechs Sinne noch beisammen haben. Denn eines muß man ihnen lassen: Sie schaffen es seit ihrem Debüt "My own prison" nach "Human clay" nun mit "Weathered" schon zum zweiten Mal, sich mit ihrem Coverartwork in punkto Häßlichkeit selbst zu übertreffen. Drei Bandmitglieder, die sich im wahrsten Sinne des Wortes aufbäumen, umrahmt von Meißel und Mond, Mystik und Mumpitz. Am liebsten würde man die Kettensäge anwerfen, laut aufheulen lassen, den Baum mit Schmackes wegmähen und sich ein neues Cover daraus schnitzen.

Zum Glück aber muß man das Artwork nicht auch noch hören, und so bleibt immer noch die zweite, akustische Chance, die vergrätzte Ästhetik milde zu stimmen. Und daß zu den Tomaten auf den Augen keineswegs auch noch Sellerie in der Kehle kommt, stellen nach dem Rausschmiß von Bassist Brian Marshall zum Trio geschrumpften Amerikaner auf "Weathered" zweifelsfrei unter Beweis. Denn die Stimme von Frontjauler Scott Stapp gleicht statt einer Gemüseknolle einmal mehr eher einem Reibeisen, mit dem sich allerdings ganz gewiß prima Kartoffelpuffer zaubern ließen. Und doch läßt einen dieser gute Gemüsemann lange zwanzig Minuten warten, bis endlich kommt, worauf alle warten: "One last breath"! Jaaaaaaaaaaaa! Die Power-Ballade! "Hold me now / I'm six feet from the edge". So muß das sein! Heaven is a place on earth.

Zuvor haben die Amerikaner vier Songs lang auf die Folter gespannt und Rätsel aufgegeben. Als Opener feuern sie eine wuchtige "Bullet" ab, die in punkto Härte alles im Creed-Kontext bislang dagewesene übertrifft, und den folgenden, nicht minder kraftvollen "Freedom fighter" hätte auch Metallicas James Hetfield nicht schöner brüllen können. Bei Track drei begrüßt uns ein jodelnder Indianer, der die Frage aufwirft, ob man im Preßwerk nicht versehentlich einen Track der achtundzwanzigsten Kompiläischn zu Karl Moiks Musikantenstadl eingeschmuggelt hat. Schön wär's gewesen. Anstelle des Grinse-Ösis gibt es schließlich doch nur Scott Stapp, der ein sphärisches achteinhalbminütiges Epos namens "Who's got my back" schmettert, das sich in etwa genauso zieht wie Moiks oller Hosenträger von anno 1958.

Das anschließende Rock-Brett "Signs" funktioniert immerhin hervorragend als Weckruf, soll aber einer der letzten dieser Art bleiben: Mit dem fünften Stück "One last breath" folgt ein merklicher Bruch, der in der Folge fast nur noch klebrige Balladen und schmierige Halbballaden zutage fördert. Doch auch wenn kaum ein lyrisches Fettnäpfchen Marke "Believe you can fly away / Away" ausgelassen wird, Scott Stapps "arms wide open" immer noch die aufdringliche Spannweite eines Jumbojets aufweisen und er immer noch als einziger seiner Zunft zu wissen glaubt, wie man "Pathos" wirklich buchstabiert (nämlich mit zwölf "aaaaah"s und achtzehn "ooooooh"s), muß selbst der größte Creetiker eines neidvoll anerkennen: Hymnen vom Schlage der ersten Single "My sacrifice" oder des unglaublich dick auftragenden Verbrüderungs-Appells "Don't stop dancing" mit Stapps betörender Schwester Amie an den Backing Vocals zeigen, daß der knuddelige Geist von Pur-Schmunzelmonster Hartmut Engler auch im Grunge-Kontext funktionieren und das Herz der Massen ins Schwarze treffen kann. Smells like teddy spirit.

Überraschende, vor Zuversicht strotzende Bekenntnisse wie "It feels so good to reunite / Within yourself and within your mind / Let's find peace there" oder "Let's give love to all" lassen Creed nicht nur in weitaus optimistischerem Licht als zu "My own prison"-Zeiten erstrahlen, sondern lassen auch die tatsächliche Deutung des Albumtitels vermuten: Die Lebenskrise ist "weathered" ("überstanden") und der brachliegende Creed-Acker mit hochgekrempelten Ärmeln mit Optimismus gedüngt und umgepflügt worden. Sowing the seeds of love.

(Armin Linder)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • One last breath
  • Hide

Tracklist

  1. Bullets
  2. Freedom fighter
  3. Who's got my back?
  4. Signs
  5. One last breath
  6. My sacrifice
  7. Stand here with me
  8. Weathered
  9. Hide
  10. Don't stop dancing
  11. Lullaby

Gesamtspielzeit: 50:00 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9315

Registriert seit 26.02.2016

2018-05-20 21:22:16 Uhr
Hold me now
I'm six feet from the edge and I'm thinking
Maybe six feet ain't so far down


"One Last Breath" kam gerade beim Random-Hören und ich dachte, vielleicht kann mir jemand die Logik hinter diesen Zeilen erklären? Sechs Fuß bis zum Abgrund? Der Abgrund ist nur sechs Fuß tief? Hä?
Möge der Saft mit euch sein
2016-12-25 02:42:25 Uhr
Abartig geiles Riff bei "Stand here with me".

Eines von Tremontis Meisterstücken. Wahnsinnig gut, glüht voll rein.
Come on
2016-11-19 14:53:23 Uhr
Track-by-track-Review/-Wertungen! Los.
mike
2016-11-19 14:44:15 Uhr
Weathered = 8/10
lauter, immer lauter
2016-11-18 19:50:20 Uhr
me-e-e-eee, i'm rusted and weathered 5/5
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify