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Deftones - White pony

Deftones- White pony

Maverick / Warner
VÖ: 19.06.2000

Unsere Bewertung: 9/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Die Pferdeflüsterer

Groß, düster und wütend. Das sind die passenden Attribute für das neue Deftones-Album. Vergeßt alles, was im Vorfeld über das Album gesagt wurde: Die unendlichen Querelen, bis das Ding endlich erhältlich war. Die Debatten über Stil- und Namenswechsel. "White pony" ist da, und alles wird gut. Oder besser gesagt: Alles ist schlecht. Denn genau so klingt das Album. Chino Moreno muß es wirklich dreckig gehen, sonst hätte er nicht ein solches Album schreiben können. Schon immer war es das Markenzeichen der Deftones, daß man sich in deren Psyche versetzen konnte, jeder Ton und jeder Schrei zum eigenen wurde. Doch diesmal gehen sie besonders weit: Man glaubt, die Schmerzen und die brodelnde Wut, die Chino beim Schreiben der Songs gefühlt haben muß, in jeder Sekunde am eigenen Körper zu spüren. Die beschwörenden, verlorenen Gesänge über Erfahrungen und Emotionen, in denen man die stark unterdrückte Wut über die Schattenseiten des Lebens fühlen kann, kanalisieren sich zu noisigen Ausbrüchen. Chino schreit sich die ganze Wut vom Leib, pusht nach vorne und läßt einen schließlich wieder völlig entkräftet zurück.

Der Opener "Feiticeira" ist noch das Stück, das am stärksten stark an das Vorgängeralbum "Around the fur" erinnert. Im weiteren Verlauf der Platte wird es immer düsterer und hoffnungsloser. Die Stücke werden länger und lassen auch mal Platz für ausuferndes Gitarrenspiel. Aggressive Parts stehen neben beeindruckender Melodiosität, Wut und Verzweiflung verschmelzen zu einem kompakten Ganzen. Auch die Kunst des Tempowechsels wurde perfektioniert. Nahezu jeder Song verfügt über einen extremen Spannungsbogen und entwickelt sich während des Spiels. Abwechslung wird ganz groß geschrieben. Kaum eine andere Band versteht es derart, in einem einzelnen Song so viele Wechselbäder zu durchlaufen, so viele Emotionen zu verpacken und dabei trotzdem immer auf den Punkt zu kommen. Vom wütenden Angriff auf die "Big Brother"-artige Kontrolle als Schattenseite des moderenen Lebens im genialen "Digital bath" über die Veränderungen eines Kindes in der wohl ersten echten Deftones-Ballade "Teenager" bis hin zu Beziehungsproblemen - alles wird verarbeitet. Keineswegs bleiben die Deftones dabei immer durchschaubar. Vieles wirkt verschlüsselt oder abstrakt, doch die Texte leben von ihrer Intelligenz und Emotionalität, die ihre Bedeutung bereits im Klang zum Ausdruck bringt. Einen der absoluten Höhepunkte findet "White pony" im Teamwork mit Tool- und A-Perfect-Circle-Frontmann Maynard James Keenan. In "Passenger" finden die wahrscheinlich wichtigsten Köpfe intelligenter und harter Musik in einem Duett zusammen und lassen etwas wahrhaft Großes herauskommen. Das Beste aus beiden Welten findet hier eine wunderbare Melange.

Das von Terry Date produzierte Album stellt endgültig den Durchbruch für diese absolute Überband dar. War "Around the fur" ein Achtungserfolg, der die Freunde harter Musik auf die Fähigkeiten der Band aufmerksam machte, stellt "White pony" die Vervollkommenung des Bandstils dar. Die Deftones haben sich ihrer Musik mit Haut und Haaren verschrieben, leben und atmen sie und lassen jeden an ihrer Gefühlswelt teilhaben. Eben diese Offenheit verhindert, daß die Band an den eigenen Problemen kaputtgeht, ermöglicht eine Verteilung der Wut auf viele Schultern und erklärt Faszination und Abhängigkeit gleichermaßen. Man selbst wird Teil der Band, versteht ihre Gefühle, kämpft mit und drückt wie ferngesteuert nach jedem Durchlauf erneut den Play-Knopf. Waren auf dem letzten Album noch viele gute Songs hintereinander gereiht und sogar einzelne Singlehits enthalten, stellt diese Platte vielmehr eine Einheit dar. Man sollte "White pony" als homogenes Ganzes begreifen. Die Atmosphäre entfaltet sich erst, wenn man sich vollständig auf das Album einläßt und Teil des Gesamtkunstwerks Deftones wird.

(Thorsten Thiel)

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Highlights

  • Digital bath
  • Rx queen
  • Passenger (feat. Maynard James Keenan)
  • Change (in the house of flies)

Tracklist

  1. Feiticeira
  2. Digital bath
  3. Elite
  4. Rx queen
  5. Street carp
  6. Teenager
  7. Knife prty
  8. Korea
  9. Passenger (feat. Maynard James Keenan)
  10. Change (in the house of flies)
  11. Pink maggit

Gesamtspielzeit: 48:52 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

fuzzmyass

Postings: 15048

Registriert seit 21.08.2019

2023-11-21 13:56:48 Uhr
"Es geht nichts über "Feiticeira" als Opener und "Pink Maggit" als Closer."

Ich hatte bisher nie eine andere Version gesehen - auch die Jubiläumsreissue auf Vinyl vor Paar Jahren hatte Feiticeora als Opener... wisste gar nicht, dass es eine Version mit Back To School als Opener gibt, schreckliche Vorstellung :)

Oceantoolhead

Postings: 2279

Registriert seit 22.09.2014

2023-11-14 08:00:01 Uhr
@Felix H

Der Smilie hinter diesem Statement (den du im Zitat ausgelassen hast) sollte eigentlich zeigen wie Ernst diese Aussage gemeint war.

Huhn vom Hof

Postings: 5812

Registriert seit 14.06.2013

2023-11-13 21:28:48 Uhr
Finde die normale 11-Track-Version auch am besten. Weder "Back to School" noch "The Boy's Republic" passen da drauf.

*zustimm*
Es geht nichts über "Feiticeira" als Opener und "Pink Maggit" als Closer.

Enrico Palazzo

Postings: 3965

Registriert seit 22.08.2019

2023-11-13 21:22:11 Uhr
Ich fand Back To School jedenfalls immer furchtbar und ich bin sehr froh, dass das auf meiner Red-Version nicht drauf ist. Der letzte Song nach Pink Maggit ist bei mir The Boys Republic.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9386

Registriert seit 26.02.2016

2023-11-13 18:34:35 Uhr
So und jetzt lynched mich

Immer diese Dramatisierungen... das kann man ja auch so sehen. Gerade das Argument mit den "Maggit"-Track an Anfang und Ende ist schon ein Argument dafür.

Und finde es auch recht passend - da das Album sich nach und nach in die eigene Depression hineinspiralisiert.

Das sehe ich tatsächlich nicht so, ich finde auch am Anfang sind recht intensive und düstere Tracks ("Digital Bath" und "Elite") und später gibt es z. B. "Passenger", das ich als deutlich heller als das meiste auf der Platte empfinde. Also für mich ist das nicht so ein "Downward Spiral"-mäßiger Trip nach unten, eher ein "going through the motions".
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