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Eels - Souljacker

Eels- Souljacker

Dreamworks / Motor
VÖ: 01.10.2001

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Geisterfahrt durch die Seele

Manch einer wird sich fragen: Wer ist bloß der finstere Kerl auf dem Cover des neuen Eels-Albums? Ein Einbrecher? Räuber Hotzenplotz? Oder doch Mark Oliver Everett? Der genauere Blick verrät: Es ist tatsächlich "a man called E", der Mann, der sich auf nichts festlegen läßt, schon gar nicht auf einen Musikstil. "Dog faced boy" heißt nicht nur die harte Einstiegsnummer, die den Ton von "Souljacker" angibt, sondern auch der ursprüngliche Anstoß zu Everetts neuem Look. Niemand kann schließlich Songs über hundsgesichtige Jungen schreiben, wenn er nicht die Erfahrung gemacht hat, wie es sich anfühlt, einer zu sein.

Und das ist auch der Grund, warum es leicht fällt, bedingungslos an die Musik des Mannes mit dem ZZ Top-Rauschebart zu glauben. Für ihr inzwischen viertes Album "Souljacker" nun, haben Ex-Hornbrillen-Träger und Multi-Talent E sowie Clown, Hobby-Philosoph und Schlagzeuger Butch, eine Horde neue Musiker um sich gescharrt und ihr Orchester zum Teufel geschickt. Durchlaufen die freakigen Höllenbarden gerade eine verspätete Pubertät? Oder sind sie laute Erwachsene geworden?

Die schrägen kindlichen Schepper-Klänge von "That´s not really funny" klingen schon wieder äußerst vertraut, ebenso wie das folgende "Fresh feeling". Kein Wunder, haben die Eels doch für die locker groovende Gutelaunenummer aus ihrem eigenen Backkatalog geklaut und lassen ein Streichersample von "Selective memory" in neuer Pracht erstrahlen. Das Recycling-Prinzip mit den eigenen Stücken geht immer auf. Ein farbenfroher Schmetterling entschlüpft seinem Melancholie-Kokon und torkelt in ersten Flugversuchen davon. Man sieht ihm noch lange nach, läßt seine Gedanken schweifen und befindet sich plötzlich mitten in der Nacht, auf der Heimfahrt nach dem Konzert. "Woman driving, man sleeping / Passing all the other cars / Searching in the black but never turning to look back / A little metal box under the stars." Die Ohren dröhnen noch, der Stille wird eine Stimme verliehen, und die Einsamkeit nimmt das kleine Auto in ihre Faust, so verloren unter dem funkelnden Firmament.

Und dann ist der "Souljacker" ganz nahe. Eels haben ihre neue Bestimmung gefunden: Rock! Und dieser ist über alle Maßen ansteckend. Schon kichern irre Stimmen im Ohr. Vielleicht hat man ja Glück und es handelt sich um einen "friendly ghost", der auf dem Dachboden der Erinnerung wohnt und uns daran erinnert, wie gut es ist, lebendig zu sein: "If you're scared of dying you better not be scared to live." Wohl wahr.

Nach Freaks und Geistern hat schließlich die "Teenage witch" ihren Auftritt. Mit dem Baß als Besen und Everetts verzerrter Stimme hext sie sich in Bauch und Beine. Man steigt mit ihr in die Lüfte und wird Zeuge, wie der "Bus stop boxer" mit Kindheitstrauma den kleinen Jungen an der Haltestelle verprügelt. Vielleicht kann er sich der Welt ja tatsächlich beweisen und darf auf die nächste Single. Möglich aber auch, daß er in ein paar Jahren einen Mord begeht, in die Wildnis flieht und der bösen Zivilisation sein "Jungle telegraph" entgegen trommelt.

Traurige Welt. Doch Hoffnung keimt auf, und ein Gänseblümchen reckt aufmüpfig sein Köpfchen gen Sonne: "Baby I confess, I am quite a mess / So let's get married and make some people / More that equal in this world of shit." Menschen mit Rückgrat sind nun mal diejenigen, die ihren Ängsten ins Auge blicken.: "Souljacker can´t get my soul" ertönt es leise, wie in einem Traum. E hat diese Zeilen nach dem Selbstmord seiner Schwester geschrieben, in einer Zeit, in der er eigentlich dem Songwriting abgeschworen hatte. "What is this note?" fragt Butch. Die Antwort klingt, als hätte Everetts Zahnarzt das "Novocaine for the soul" mit Speed vertauscht. Und immer noch hämmert es im Hinterkopf: "Souljacker can't get my soul". Ein Mantra gegen Verzweiflung und Resignation, das uns noch lange begleiten wird.

(Christina Hemmen)

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Highlights

  • Fresh feeling
  • Woman driving, man sleeping
  • Friendly ghost
  • Souljacker Part II

Tracklist

  1. Dog faced boy
  2. That´s not really funny
  3. Fresh feeling
  4. Woman driving, man sleeping
  5. Souljacker Part I
  6. Friendly ghost
  7. Teenage witch
  8. Bus stop boxer
  9. Jungle telegraph
  10. World of shit
  11. Souljacker Part II
  12. What is this note?

Gesamtspielzeit: 40:44 min.

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User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31724

Registriert seit 07.06.2013

2021-01-30 20:00:10 Uhr
Und auch der Rest ist natürlich keinesfalls schwach.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31724

Registriert seit 07.06.2013

2021-01-30 19:58:00 Uhr
Die ersten 5, "Jungle telegraph" und die letzten beiden Songs sind echt erste Sahne.

kingsuede

Postings: 4076

Registriert seit 15.05.2013

2020-11-09 16:50:46 Uhr
Und schon fast 20 Jahre alt...

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31724

Registriert seit 07.06.2013

2020-11-09 16:18:04 Uhr
"Fresh feeling" und "Woman driving, man sleeping" sowie der erste Teil des Titeltracks sind (auch) meine Favoriten. Macht recht viel Spaß das Album.

myx

Postings: 4652

Registriert seit 16.10.2016

2020-11-07 15:47:06 Uhr
In meiner Erinnerung ist "Souljacker" unter den rockigen Alben eingeordnet, und die rockige ist nicht die von mir favorisierte Seite der Band. Für die Top Drei der Diskografie reicht es bei mir also sicherlich nicht, ein paar tolle - ruhigere - Songs sind aber auf alle Fälle drauf, allen voran "Woman Driving, Man Sleeping".
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  • Eels (107 Beiträge / Letzter am 02.01.2024 - 20:34 Uhr)

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