Special
Jahrespoll 2014 – Die Favoriten der Redaktion2014 war für uns bei Plattentests.de ein aufregendes Jahr. Da wäre zum einen der 15. Geburtstag, den wir im Dezember mit den Crashcaptains, Markus Acher und Thees Uhlmann gebührend feierten. Das Feedback war super und wir erinnern uns gerne zurück. Ebenfalls erinnerungswürdig war die erste 10/10 seit 2006, mit der wir im September das zweite Alt-J-Album "This is all yours" ausgezeichnet haben. In der abschließenden Redaktionswertung landete die Platte auch sehr weit oben, musste sich nur "Lost in the dream" geschlagen geben. The War On Drugs lieferten mit ihrem dritten Longplayer ein wahrhaftes Meisterwerk ab, für uns das Album des Jahres. In der Kategorie Song des Jahres war sich die Redaktion wohl so einig wie noch nie: "Bologna" von Wanda hat alles, was ein waschechter Hit braucht und musste beim Jubiläumsfest auf Grund der hohen Nachfrage gleich zweimal gespielt werden. Tu felix Austria! Dahinter platzieren sich Alt-J mit "Every other freckle" ein weiteres Mal auf dem zweiten Rang, was immerhin den direkten Einzug in die Champions League bedeutet. Auf den weiteren Plätzen: ein Statement gegen Homophobie, ein paar unumstößliche Dancefloor-Kracher und ein Lied für gemeinsames Kuscheln in der Badewanne. Amore! |
Album des Jahres |
Song des Jahres |
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1. The War On Drugs Lost in the dream |
1. Wanda Bologna |
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"Lost in the dream" war wohl das Konsens-Album 2014. Vom Jeansjacken-Opener "Under the pressure" über die neonpink-flimmernde Single "Red eyes“ bis zum euphorischen "Burning" schlug das Herz mal schnell, mal langsam, aber immer laut. Und mit "In reverse" bekam dieses Meisterwerk ein würdiges Finale – wir schwelgen dann mal in Erinnerungen an ein tolles Jahr mit The War On Drugs. Und drücken erneut auf Play. Jennifer Depner |
Selbst austrophile Nerds zweifelten. Dennoch ist er da, der Konsens-Hit mit Schmäh. Weder reif für die Insel, noch will er heim nach Fürstenfeld. Dafür trifft er das Gefühl, wenn man morgens um 17 Uhr besoffen aus dem Club kriecht und die ganze Welt umarmen will. Also alle zusammen, ob Plattentests.de-Bonze, DJ-Groupie oder Forentroll: Fäuste in die Luft und ruft, wofür Ihr steht: für Amore natürlich! Andreas Knöß |
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2. Alt-J This is all yours |
2. Alt-J Every other freckle |
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Die erste Höchstwertung seit acht Jahren und "nur" Platz 2 im Redaktionspoll – na und? Das Alt-J-Fabelwerk bot jede Menge Diskussionsstoff, bei den Lesern und auch intern. Nicht jeder hört die Platte bei 10/10. Aber wohl jeder findet: Es war goldrichtig, sie ausgerechnet diesem mutigen Werk zu geben. Ob wir nun wieder acht Jahre warten müssen? "This is all yours" ist jedenfalls ein mächtiger Maßstab. Armin Linder |
Diese Schelme! Verwirren zunächst mit freier linker Hand und kommen dann mit "Every other freckle" ums Eckerl. Dieser nicht totzukriegenden Wundertüte aus Beats, "Oh"s, "Ah"s und Handclaps. Und wir? Haben aus lauter Liebe zwar noch nicht jeden Zentimeter der Redaktion mit Alt-J-Fan-Tapete zugekleistert, aber wenn sogar die Putzkolonne aufm Flur tanzt, dann dürfen wir nicht fehlen. Und alle so: "Hey"! Eric Meyer |
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3. Interpol El pintor |
3. Marcus Wiebusch Der Tag wird kommen |
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Man hat Interpol wohl nicht mehr viel zugetraut, so nach dem Abgang von Bassist Carlos Dengler. Jetzt wissen wir: Ihr eingespieltes Metier verlassen sie nicht und die stärkeren Songs, "All the rage back home" und "My desire", entschädigen für den einen schwächeren, "Ancient ways". Schade, dass es "The depths" nur als Download-Goodie drauf gab. Er zeigt, wohin es mit Interpol gehen könnte: Richtung Sinatra! Maximilian Ginter |
Er hätte es niemandem mehr beweisen müssen, aber dennoch: Marcus Wiebusch kann ihn noch, den präzise erzählten Themensong. Sieben Minuten, ein wuchtiger Beat, ein Text, der weit über das Thema Homophobie hinaus reicht. Garniert mit Punchlines, die Gift und Galle spucken und doch vor allem die Hoffnung auf Besserung im Blick haben. Einige Kleingeister reden von moralinsaurer Betroffenheitslyrik, alle anderen goutieren den Song als Statement. Martin Smeets |
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4. The Antlers Familiars |
4. Future Islands Seasons (Waiting on you) |
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Blasinstrumente? Soul? Geht’s denn noch? Die erste Begegnung mit "Familiars" entsprach der mit diesem hässlichen Mädchen, das mit Stolz Zahnspange und Hornbrille trug. Dem ich um alter Zeiten willen zuhörte, weil sie früher einmal hübsch war. Das dann mit jedem Wort anmutiger und klüger erschien, bis es plötzlich Liebe war. Blasinstrumente! Soul! Es geht noch! Und diesmal hält es bestimmt für immer. Andreas Beckschäfer |
Hach, Future Islands' "Seasons (Waiting on you)" erschien genau richtig. Frühlingsanfang, Schmetterlinge im Bauch: Da tanzte nicht nur eine gewisse Rezensentin nachts wie Frontmann Sam Herring durch die Wohnung und musste aufpassen, nicht allzu laut mitzusingen. Ich bereue nichts! Glücksgefühle im Liedformat, der perfekte Opener für den Jahressampler, einer der Übersongs 2014 – und ein Hit für die Ewigkeit. Jennifer Depner |
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5. FKA Twigs LP1 |
5. The Notwist Kong |
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"We can do it with the lights on", lockt Tahliah Barnett auf ihrem Debüt und hängt eine imposante Neonröhre unter die Decke von Neo-Soul, Post-TripHop und nackigem Downbeat. Ob auch die kleine Melodiereferenz an Air Supplys "All out of love" im Song "Two weeks" Absicht ist? Egal – dass Leute wie Arca oder Paul Epworth am Mischpult ordentlich spurten, beweist: Diese Frau weiß, was sie will. Wir auch: dieses Album. Thomas Pilgrim |
"Kong" ist ein Hoch auf die Widersprüche: Zu einer ausgelassenen Melodie, nicht jedoch ohne die melancholische Stimme von Markus Acher wird die Überschwemmung New Yorks gefeiert. Der kleine Held aus dem Video zum Song wächst über sich hinaus. Gerettet werden er und die Stadt aber letztlich von Mighty Kong, dem plötzlich gar nicht mehr so fürchterlichen Monster. Und am Ende pfeife ich mal wieder fröhlich diese tolle Melodie. Kerstin Petermann |
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6. Ja, Panik Libertatia |
6. Interpol All the rage back home |
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Nach einem Album wie "DMD KIU LIDT" kann man sich eigentlich nur auflösen. Oder aber man macht eine Kehrtwende, schrumpft sich gesund und segelt nach "Libertatia". Dorthin also, wo alles möglich ist, wo all die Sisters and Brothers zu den Rhythmen der Zentralbank auf den Gräbern der Konformität tanzen. Dorthin, wo alle Katzen schön sind und jeder Song ein Treffer. One world, one love. Kevin Holtmann |
Diese Band ist wie gute Schokolade: Man weiß genau, wie sie schmeckt – doch sie fasziniert einen immer noch. Trotz leicht veränderter Zutaten bleibt die Interpol-Rezeptur unangetastet. Mit "All the rage back home" lassen Paul Banks und die beiden verbliebenen Mitstreiter aber endlich auch mal wieder Dampf ab: Ein kurzer, warmer Händedruck, eine schnelle Umarmung – und dann bitte ausrasten. Interpol in edel, eben. Eric Meyer |
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7. Owen Pallett In conflict |
7. Caribou Can’t do without you |
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Jede schief abkippende Synthiefläche auf "In conflict" ist wie ein Dreh am Zauberwürfel, der eine neue Perspektive des großartigen Songwritings Owen Palletts zwischen Disney-Streichern und Gin-Eskapaden freigibt. Jeder Hand- auch ein vertonter Kunstgriff des Oscar-Nominierten, der die nur allzu menschlichen Kämpfe, die es mit sich selbst auszutragen gilt, wie kein anderer in Szene zu setzen weiß. Hut ab! Andreas Menzel |
Noch häufiger als ProSieben "Ghost rider" mit Nicolas Cage zeigt, repetiert Dan Snaith die Zeile "I can’t do without you." Etwa 91 Mal in knapp vier Minuten. Aber vielleicht habe ich mich auch verzählt, weil die mantraartigen Wiederholungen nur Caribous Nasenring sind, an deren Ende er den Hörer in ein endorphingetränktes Eletronica- und Synthie-Bad wirft. Das Planschen nach "Swim" braucht keine Schwimmflügel. Stephan Müller |
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8. Swans To be kind |
8. St. Vincent Digital witness |
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Vermeide es, Dich mit Swans’ kraftstrotzender Sound-Kathedrale "To be kind" im Ohr weiteren Eindrücken hinzugeben! Sagen wir eine zeitgleiche Torpedierung des Sehnervs mit Strobo-Licht oder schlimmer: einer Baselitz-Ausstellung. Audibler Rausch und zerschepperte Ästhetik kombiniert mit bildhafter Vermalung in kraftvollem Schwarz: "To be lost / To be found in the sound of this room," Im Raum zwischen Ohren und Augen: ein wüstes Durcheinander. Henrik Beeke |
Wenn sich in den letzten zwölf Monaten überhaupt irgendetwas ohrwurmig in den Kopf gebohrt hat, dann waren es die verrauschten Stop-and-Go-Bläser dieses kleinen Pop-Monstrums von Annie Clark. Die möchte hier zwar tiefste Sozialkritik am Verlust der Privatsphäre und an der vollumfänglichen Totalüberwachung verstanden wissen: "Won't somebody sell me back to me?" Aber im Grunde ist es doch wie so oft deutlich einfacher: Elektropopsong des Jahres. Kai Wehmeier |
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9. The Notwist Close to the glass |
9. FKA Twigs Two weeks |
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Viel Zeit vergeht zwischen zwei Alben von The Notwist. Doch just, wenn man die Bayern zu vergessen droht, sind sie wieder da. Unspektakulär, aber willkommen. Weil sie nach all den Jahren immer noch experimentierfreudig sind. Weil sie trotz aller verkopften Schratigkeit leichtfüßig bleiben. Und weil sie solch universelle Seelenstreichler wie "Kong" schreiben, die zu Lebensbegleitern werden. Danke dafür. Christopher Sennfelder |
Unheilvolles Dröhnen und verzerrte Stimmen eröffnen "Two weeks", anschließend erklingt die himmlische Stimme von FKA Twigs. Sie säuselt auf berauschende Weise "I know it hurts." Der Beat rollt mechanisch, von überall her dringen Geräusche ans Ohr des Hörers. Das hier ist keine Wohlfühloase, das hier ist der schönste Schmerz des Jahres. Verlangen und Verderben liegen nah beieinander. Ein Stich in der Brust: Tut weh, tut gut. Kevin Holtmann |
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10. Wanda Amore |
10. Ja, Panik Libertatia |
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Tausende krächzende Kehlen hängen an den Lippen von Sänger Marco Michael Wanda. Der führt mit unnachahmlicher Lässigkeit durch banale Wahrheiten, bittersüßen Trennungsschmerz und die vielleicht schönsten Trinklieder seit dem Brit-Pop. Wo die Literaturnobelpreisträgerin zum Verschiebebahnhof der Beiläufigkeit wird, weiße Zähne zum Symbol der Liebe, trinken die zärtlichsten Cousinen Österreichs bis zum Umfallen. Prost! Stephan Müller |
Zwei Männer sitzen, wie Gott sie schuf, in der Wanne und gestikulieren ausufernd, ein anderer sitzt mit schaumigem Feigenblatt daneben und singt. Zuviel homoerotische Nacktheit für Dich? In "Libertatia", der frisch ausgerufenen Piratenrepublik der Gruppe Ja, Panik, lebt man frei von Urteilen und sonstigen Beschränkungen! Nach "DMD KIU LIDT", diesem wahnsinnigen Weltschmerz-Epos, hat die dezimierte Truppe ihr neues Glück gefunden. Ein Hoch auf die Freiheit! Pascal Bremmer |
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11. Sohn – Tremors 12. Die Nerven – Fun 14. Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra – Fuck off get free we pour light on everything 16. Grand Griffon – Mattachine |
11. Spaceman Spiff – Vorwärts ist keine Richtung 13. Kishi Bashi – Philosophize in it! Chemicalize with it! 15. La Roux – Let me down gently 16. Röyksopp & Robyn – Monument 17. Real Estate – Talking backwards |
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Auswertung: Kevin Holtmann
Koordination und Einleitungstext: Kevin Holtmann
Texte: Die Redaktion von Plattentests.de