
Thao & The Get Down Stay Down - We the common
Ribbon / Domino / GoodToGoVÖ: 01.02.2013
Du armer Körper
Thao Nguyen hält einiges aus. Von piesackenden Insekten, eingeschlafenen Füßen und anderen körperlichen Beschwerden war die Rede auf "We brave bee stings and all", dem Debüt ihrer Band Thao & The Get Down Stay Down, die aktuell neben ihr lediglich aus Multiinstrumentalist Adam Thompson besteht. Dort setzte es leicht ramponierten, aber stets quietschvergnügten Indie-Folk mit listig durchgeknallten Spitzen und zahlreichen Pop-Momenten, auch wenn Nguyens Stimme wie beim Nachfolger "Know better learn faster" zuweilen ein wenig ins Waidwunde abzurutschen drohte. Dass das auf diesem Album wiederum der Fall ist, liegt vermutlich nicht zuletzt am ehrenamtlichen Sozialengagement, das die vietnamesischstämmige Amerikanerin unter anderem in ein Frauengefängnis führte. Dort lernte sie eine Insassin kennen, die eine lebenslange Haftstrafe ohne Aussicht auf Begnadigung verbüßt - und ließ sich von ihr zum Titelstück von "We the common" inspirieren.
Dass dieses dann nicht etwa ein Trauerkloß von Song geworden ist, sondern sich mit vorwitzigem akustischem Geklimper, Synthie-Streichern und einem Arcade-Fire-Chor ans Technicolor-Lagerfeuer setzt, spricht immerhin für aufmunterndes Schulterklopfen statt für bleierne Niedergeschlagenheit. Da zuckt der Körper ausnahmsweise einmal nicht aus Schmerzempfinden oder aufgrund tauber Gliedmaßen. Erst recht nicht beim folgenden "City", wo rabiate Stromgitarren immer wieder Keyboard-Geklöppel und voluminösem Schlagzeugspiel in die Parade fahren. Es wackeln hinterher: keckes Getröte zwischen Dixieland und Dixiklo, ständig hinten herunterfallende Klavierkaskaden und Nguyens mal verraucht raunender, mal überdrehter Gesang, der nicht nur im euphorischen Refrain von "Holy roller" an die Freak-Folk-Dekonstrukteurin Merrill Garbus alias tUnE-yArDs erinnert. Freilich unter stärkerer Berücksichtigung von Americana-Tradition und klassischem Songwriting an Stelle von kruden stilistischen Verrenkungen.
Eine Linie, von der Nguyen nicht einmal dann abweicht, wenn prominenter Besuch vor der Tür steht. Denn bei "Kindness be conceived" hat die gastierende Joanna Newsom nicht etwa ihre Harfe im Anschlag, sondern kieksjodelt sich im Duett durch einen trocken geklampften, unbeschwerten Country-Hopser, bevor "We the common" die relative Hochstimmung der ersten Albumhälfte mit Songs wie dem rückwärts gebürsteten Kriecher "Clouds for brains" ein wenig drosselt. "Every body" zählt lautstark seine Narben, das "Human heart" pfeift auf dem letzten Loch, und "Age of ice" feiert als behutsam dahertapsender Shuffle einen ganz und gar nicht frostigen Ausstand, an dessen Ende sich alle bei den Händen fassen und gemeinsam "Slowly we all lay down" singen. Und obwohl sie im Verlauf von "We the common" erneut ein paar blaue Flecken davongetragen haben dürfte, steht Nguyen am Ende trotzdem wie eine Eins. Sie hält eben einiges aus.
Highlights & Tracklist
Highlights
- We the common (For Valerie Bolden)
- City
- Holy roller
- Kindness be conceived
Tracklist
- We the common (For Valerie Bolden)
- City
- We don't call
- The feeling kind
- Holy roller
- Kindness be conceived
- The day long
- Every body
- Move
- Clouds for brains
- Human heart
- Age of ice
Referenzen
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