The Smashing Pumpkins - Mellon collie and the infinite sadness (Limited deluxe boxset)
Virgin / EMIVÖ: 30.11.2012
Ein Denkmal für Nerdvana
Die Smashing Pumpkins haben in ihrer Karriere drei Alben veröffentlicht, die auf einem ähnlichen Level spielen. Das mit fabulösen Fuzzgitarren vollgestopfte "Siamese dream", das bedrückend melancholische und von Jimmy Chamberlins Rauswurf gezeichnete "Adore", und natürlich mittendrin der überdbordende Bombast von "Mellon Collie and the infinite sadness", das noch die letzten Ausläufer von "Siamese dream" mitnahm und an einigen Ecken bereits den Weg zu "Adore" öffnete. So war "Siamese dream" der erste große Sturm, der "Mellon collie and the infinite sadness" ankündigte, "Adore" hingegen versammelte die letzten Ausläufer, gezeichnet von den Bandquereln und dem allzu großen Ego eines Billy Corgan, der lieber alles alleine machte, bevor es jemand anders in den Sand setzen konnte. Nur bei "Mellon collie and the infinite sadness" hatte der Hörer also das Gefühl, dass hier eine richtige, eine funktionierende Band gemeinsam Musik machte. Was aber natürlich auch nicht stimmt, denn Corgans Kontrollwahn war stets mindestens so ausgeprägt wie sein Größenwahn. Und eben dieser wurde nie wieder derart evident wie zur Mitte der 1990er Jahre, als "Mellon Collie and the infinite sadness" erschien und die Smashing Pumpkins für eine Saison das dickste Ding im Rock waren. Wie viele Doppelalben hat die Musikgeschichte hervorgebracht, die wirklich funktionieren, ohne dass man die Hände über dem Kopf zusammeschlagen müsste? Vielleicht eine Handvoll. Dieses gehört unbedingt dazu.
Beeindruckend an "Mellon collie and the infinite sadness" ist vor allem die stilistische Vielfalt, die das Album trotzdem nicht auseinander brechen lässt. Vielleicht ist dies aber auch grad die Magie, die "Mellon collie and the infinite sadness" bis heute frisch hält. "Siamese dream" hört man sein Jahre an, dieser Platte nicht. Die ersten acht Tracks sind immer noch allesamt wunderbare Hits, von den sanften Instrumental-Tönen des Openers und Titeltracks über die Singles "Tonight, tonight" - einer der größten Songs der Pumpkins überhaupt -, "Bullet with butterfly wings" und "Zero", bis hin zum alles zerfetzenden "Fuck you (An ode to no one)". Daneben findet sich eigentlich alles, was nicht zusammengehört, aber hier wie von Zauberhand zusammengeführt wird: so der herrliche Prog-Bombast von "Porcelina of the vast oceans" oder "Thru the eyes of ruby" mit dem intimen "In the arms of sleep" sowie der ganz großen Romantik von "Lily (My one and only)" oder "Starlight". Nicht zuvergessen: die mit leichten Elektronikeinflüssen versehenen "We only come out at night" und "1979". Von all dem gibt es hier alles im Überfluss. Unfassbar aber wahr: "1979" schaffte es als allerletzter Song in buchstäblich letzter Sekunde auf das Album und galt schon als Ausschussware.
Bemerkenswert an diesem megalomanischen Doppelalbum ist aber ebenso, dass auch heute, mit den Abstand von vielen Jahren, immer noch keine Ausfälle zu verzeichnen sind. Jedes Lied hat seine Berechtigung. Und wenn man sieht, was dazu noch alles links und rechts liegengeblieben ist, als B-Seite verendete oder gar nicht in Frage kam, wie das großartige "The aeroplane flies high", wird man erst richtig einschätzen können, auf welcher Höhe sich die Smashing Pumpkins in diesen Jahren befanden. Auch sonst sind die drei Bonus-CDs vollgestopft mit vielen Songs, die das Nerd-Herz ganz nach oben schlagen lassen. Wie kleine Kinder kann man sich über alle möglichen alternativen Versionen und Rohfassungen einiger Stücke von "Mellon collie and the infinite sadness" freuen, über so manche schöne Instrumentals, über eine Streicher-only- und eine Band-only-Version von "Tonight, tonight" und darüber, dass das bereits erwähnte "The aeroplane flies high" auch irgendwo zwischen vielem Absurden versteckt ist. Anhand der drei Bonusalben kann man wunderbar nachvollziehen, welche Songs wie entstanden sind, wann was hinzugefügt wurde und was noch fehlte, damit sie in vollem Glanze erstrahlen. Darüber hinaus liegt diesem Boxset noch eine DVD mit Konzertausschnitten aus der Londoner Brixton Academy von 1996 sowie weiteren vier Songs vom Rockpalast desselben Jahres bei. Ob das Ganze dann auch für jemanden bezahlbar ist, der noch alle Tassen im Nerd-Schrank hat, das steht natürlich auf einem ganz anderen Papier.
Wenn man "Mellon collie and the infinte sadness", das den Größenwahn nicht nur in der Musik, sondern schon im Titel und im Cover- und Bookletdesign trägt, wenn man diesem Klassiker der Alternative Rock also tatsächlich etwas vorwerfen kann, dann dass es zu perfekt geworden ist. Mit etwas mehr Chuzpe und Geschick hätten Corgan, D'Arcy Wretzky, James Iha und Jimmy Chamberlin den Erfolg des Albums weiter ausschlachten und über Jahre ganz oben mitspielen können. Was jetzt im Nachklapp von rund 18 Jahren reichlich seltsam anmutet, wenn man sich vor Augen führt, aus welch komischen Charakteren diese Band damals bestand. Umso schöner, dass am Ende vieler Querelen mit "Mellon collie and the infinite sadness" ein Album stand, das sich rund 15 Millionen mal verkaufte und mit dem sich die Smashing Pumpkins ein eigenes Denkmal mitten in die 1990er Jahre setzten. Und so steht es da: Auch heute noch ein dickes Ding voll starker Stücke.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Tonight, tonight
- Jellybelly
- Zero
- Fuck you (An ode to no one)
- Thirty-three
- Thru the eyes of ruby
- Farewell and goodnight
Tracklist
- CD 1
- Mellon collie and the infinite sadness
- Tonight, tonight
- Jellybelly
- Zero
- Here is no why
- Bullet with butterfly wings
- To forgive
- Fuck you (An ode to no one)
- Love
- Cupid de locke
- Galapagos
- Muzzle
- Porcelina of the vast oceans
- Take me down
- CD 2
- Where boys fear to tread
- Bodies
- Thirty-three
- In the arms of sleep
- 1979
- Tales of a scorched earth
- Thru the eyes of ruby
- Stumbleine
- X.Y.U.
- We only come out at night
- Beautiful
- Lily (My one and only)
- By starlight
- Farewell and goodnight
- CD 3
- Tonight, tonight (Strings alone mix)
- Methusela (Sadlands demo)
- X.Y.U. (Take 11)
- Zero (Synth mix)
- Feelium (Sadlands demo)
- Autumn nocturne (Sadlands demo)
- Beautiful (Loop version)
- Ugly (Sadlands demo)
- Ascending guitars (Sadlands demo)
- By starlight (Flood rough)
- Medellia of the gray skies (Take 1)
- Lover (Arrangement 1 demo)
- Thru the eyes of ruby (Take 7)
- In the arms of sleep (Early live demo)
- Lily (My one and only) (Sadlands demo)
- 1979 (Sadlands demo)
- Glamey glamey (Sadlands demo)
- Meladori magpie
- Mellon collie and the infinte sadness (Home piano version)
- Galapagos (Instrumental/Sadlands demo)
- To forgive (Sadlands demo)
- CD 4
- Bullet with butterfly wings (Sadlands demo)
- Set the ray to jerry (Vocal rough)
- Thirty-three (Sadlands demo)
- Cupid de locke (BT 2012 mix)
- Porcelina of the vast ocean (Live studio rough)
- Jellybelly (Instrumental/Pit mix 3)
- The aeroplane flies high (Turns left, looks right)
- Jupiter's lament (Barbershop version)
- Bagpipes drone (Sadlands demo)
- Tonight, tonight (Band version only, no strings)
- Knuckles (Studio outtake)
- Pennies
- Here is no why (Pumpkinland demo)
- Blast (Fuzz version)
- Towers of rabble (Live)
- Rotten apples
- Fun time (Sadlands demo)
- Thru the eyes of ruby (Acoustic version)
- Chinoise (Sadlands demo)
- Speed
- CD 5
- Mellon collie and the infinite sadness (Nighttime version 1)
- Galapagos (Sadlands demo)
- Cherry (BT 2012 mix)
- Love (Flood rough)
- New waver (Sadlands demo)
- Fuck you (An ode to no one) (Production master rough)
- Isolation (BT 2012 mix)
- Transformer (Early mix)
- Dizzle (Sadlands demo)
- Goodnight (Basic vocal rough)
- Eye (Soundworks demo)
- Blank (Sadlands demo)
- Beautiful (Instrumental-middle 8)
- My blue heaven (BT 2012 mix)
- One and two 16. zoom (7 ips)
- Pastichio medley (Reversed extras)
- Marquis in spades (BT 2012 mix)
- Tales of a scorched earth (Instrumental/Pit mix 3)
- Tonite reprise (Version 1)
- Wishing you were real (Home demo)
- DVD: Tonight, tonight
- 1979
- Zero
- Here is no why
- Thru the eyes of ruby
- Porcelina of the vast oceans
- Jellybelly
- Silverfuck
- Disarm
- Bullet With Butterfly Wings
- Fuck you (An ode to no one)
- Muzzle
- Cherub rock
- X.Y.U.
Referenzen
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