The Walkabouts - Berlin
Glitterhouse / IndigoVÖ: 16.11.2012
Hölle voller Geigen
Die Songs dieser Band funktionieren immer. Egal ob es schneit, die Sonne scheint oder das Auto verreckt. Wenige Gruppen haben das so verstanden wie die schon immer viel zu häufig vergessenen, vernachlässigten oder ignorierten Walkabouts. Ihr erstes Livealbum hat die Band im vergangenen Sommer vor rund 800 Leuten im C-Club in Berlin aufgenommen. Dabei gehört diese Musik doch auf die große, auf die ganz große Bühne. Denn besonders vor Publikum entfalten die düster-zarten Songs der Walkabouts eine Sogkraft, der man sich nicht entziehen kann. "Berlin" versucht, diesen Zauber einzufangen.
Kurz vor der Halbzeit des Konzerts, beim vierten Song, setzt die Band zum vollkommenen "The light will stay on" an. Carla Torgerson singt die pathetischsten Zeilen der Musikgeschichte: "And long after we're gone / The light will stay on". Sofort ist das Publikum dieser Band lustvoll und mit Haut und Haaren ausgeliefert. Das Schlagzeug stolpert in den Refrain, die Geigen hängen hoch am Himmel, und Chris Eckman haucht mit tiefer Stimme ins Mikrofon. Das sind die Momente, für die man Konzerte besucht. Von solch einem Song muss man sich erholen: Pause machen, Zigarette rauchen, Bier trinken. Doch die Band kennt keine Gnade und legt das schaurig-schöne "Bordertown" nach.
Danach wird das schlaksige "Long drive in a slow machine" mit seinem teuflichen Gitarrensolo ebenso abgefeiert wie das zynische, gefährliche "Lazarus heart". Dieses Konzert hat einen Spannungsbogen, der so aufgeschnürt ist wie die besten Western von Clint Eastwood. In "Every river will burn" stecken dann Nico und Nick Cave - die ganze schwarze Romantik der Popmusik. Torgerson und Eckman umgarnen sich und laden ihr Zusammenspiel mit Erotik, Verzweiflung und Unterwerfung auf. Das ist groß.
Es dauert rund 65 Minuten, bis die Band zum erlösenden, unverzichtbaren "Grand theft auto" ansetzt, dem vorbildlichen Rausschmeißer. Noch einmal quält Eckman seine Gitarre und raunt seine gemeinen Zeilen ins Mikrofon. Die Hand ballt sich zur Faust, der Fuß wird zum Motor: "In this town / The blood will make you rich!" Keine Ahnung, was das zu bedeuten hat, welcher Ort da besungen wird, wessen Blut da fließt. Es hört sich trotzdem richtig und wichtig an. Soll uns ruhig der Teufel holen. Die Musik von den Walkabouts wird im Himmel eh nicht gespielt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The light will stay on
- Bordertown
- Long drive in a slow machine
Tracklist
- Rainmaker blues
- Rebecca Wild
- The dustlands
- The light will stay on
- Bordertown
- Long drive in a slow machine
- Lazarus heart
- Jack Candy
- Every river will burn
- Acetylene
- The stopping-off place
- Horizon fade
- Grand theft auto
Referenzen
Spotify
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