Mark Eitzel - Don't be a stranger
Decor / IndigoVÖ: 12.10.2012
Aus schwerstem Herzen
Wenn einer Bescheid weiß über die Höhen und Tiefen des Lebens, dann ist es ganz sicher Mark Eitzel. Gut, in seinen Songs erzählt er seit gut 30 Jahren in düsterer Manier vor allem von den Abgründen. Aber dennoch gab es hier und da immer mal wieder ein kurzes Aufflackern der Hoffnung. Als 2008 das vermeintlich wirklich letzte letzte Album von American Music Club erschien, ging es wieder runter mit der Stimmung bei Eitzels Hörern. Und vielleicht auch bei ihm selbst: Auf seinem letzten Soloversuch "Klamath" verschaffte sich der schwermütige Sänger einmal mehr etwas Luft, bis man plötzlich gar nichts mehr von ihm hörte. Was kaum jemand wusste: Zu dieser Zeit ging es für Eitzel erst so richtig bergab. Nach einem schweren Herzinfarkt erscheint nun aber mit "Don't be a stranger" tatsächlich sein elftes Album. Der oft so traurige Mann hatte Glück im Unglück.
Neben seiner gesundheitlichen Verfassung wackelte offenbar auch tatsächlich die Finanzierung der neuen Platte. So mag es mancher als glücklichen Zufall, andere für einen Wink des Schicksals halten, dass einer seiner Kumpels das Geld dank eines Lottogewinns vorstrecken konnte. Zudem gönnte man sich mit der ganzen Kohle ein kleines Orchester, das für die nötige Instrumentierung sorgte. Wie depressiv kann man danach wirklich noch sein? Na gut, er kann. Zwar ist "Don't be a stranger" von einem gesunden Maß an Realität geprägt, aber wieder ein Album für die kalten Tage, an denen es früh dunkel wird. Der unglaublich starke Opener "I love you but you're dead" macht äußerst früh ein Versprechen, das es auf Albumlänge zu halten gilt: Eitzel erzählt vom Punkclub seiner Jugend, den damaligen Erwartungen und Träumen und wie schließlich alles anders kam - und das alles mit derart viel Druck in der Stimme und warmen Gefühl in der Melodie, dass das eigene Herz beim Zuhören fast ein paar Aussetzer hat.
"And I knew from the start / That you could break my heart", singt er anschließend im loungigen "Why are you with me", und zu Piano und Snare Drums offenbaren sich einmal mehr die Selbstzweifel dieses Mannes, der gesteht, wohl nie eine funktionierende Beziehung führen zu können, weil ihm der Schaden, den die Liebe beim Zerbrechen zufügen könnte, zu schwerwiegend wäre. Dass Eitzel das seinen Hörern nicht vorjammert oder gar weinerlich daherkommt, sondern stets klingt, als würde er es bei einem melancholischen Gespräch erzählen, kommt ihm dabei nur zugute. Dass ein Song wie das abgeklärte "I know the bill is due" wie eine rührende Hommage an Nick Drake und nicht, wie bei so vielen anderen, wie eine Kopie desselbigen klingt, ist ein weiteres seiner Talente.
Aber wenn wir mal ehrlich sind, ist Eitzel, wie auch schon Nick Drake, natürlich immer genau dann am besten, wenn es gar nicht mehr tiefer geht. Wenn die eigene Welt kurz vorm Untergehen zu sein scheint, und er von der Zerstörung seiner eigenen singt, geht es schon immer irgendwie wieder aufwärts. Das war schon bei American Music Club und ihren von Schmerz und Leid geplagten Songs so, das ist hier nicht anders. Die Pianoballade "We all have to find our own way out" ist in seiner Machart fast ein Gedicht, wie er da von "broken child stars" singt, von Trauer und Kummer, von Menschen, deren Gedanken an den Selbstmord fast der einzige Grund sind, warum sie noch leben. Und doch folgt sogleich die Erkenntnis: "I don't love you enough for your despair." Schwerer kann das Herz kaum noch werden. Trotzdem, alles wird gut. Oder zumindest besser.
Highlights & Tracklist
Highlights
- I love you but you're dead
- All my love
- Why are you with me
- We all have to find our way out
Tracklist
- I love you but you're dead
- I know the bill is due
- All my love
- Oh mercy
- Costumed characters face dangers while at the workplace
- Why are you with me
- Lament for Bobo the cow
- Break the champagne
- We all have to find our way out
- Your waiting
- Nowhere to run
Referenzen
Spotify
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- Mark Eitzel (4 Beiträge / Letzter am 15.04.2008 - 17:37 Uhr)