
Minus The Bear - Infinity overhead
Big Scary Monsters / Al!veVÖ: 05.10.2012
Fluch oder Segen
Die herausragende Position einer Band wie Minus The Bear ist Segen und Fluch zu gleichen Teilen. Auf der einen Seite klingen die fünf Herren aus Seattle unverwechselbar, haben über die Jahre ihren genuin eigenen Stil entwickelt, andererseits wird jede kleine Veränderung, jede minimale Verschiebug mit Argusaugen betrachtet. So kam es auch, dass ihre letzte Platte "Omni" vielen zu weichgespült war, ihr stets an der Grenze zum Progrock schwingender Mathrock schien offenbar an Prägnanz verloren zu haben. Sagten zumindest die einen. "Omni" stieß folglich auf ein sehr gespaltenes Echo, und ein ähnliches Schicksal ist sehr wahrscheinlich auch dem Nachfolger "Infinity overhead" beschieden. Ein weiteres Mal wandeln die fünf Amerikaner zwischen den Genres, suchen die Balance zwischen eigenem Anspruch und den von außen herangetragenen Erwartungen. Es gelingt ihnen größtenteils hervorragend.
Das nunmehr fünfte Minus-The-Bear-Album beginnt furios, stellen die Indierocker doch drei ihrer stärksten Stücke direkt an den Anfang: Der Opener "Steel and blood" startet mit hungrigen Gitarrenriffs, Frontmann Jake Snider singt immer noch so wunderbar verschnupft, dazu gesellen sich Keyboard-Flächen, die man als käsig missinterpretieren kann, wenn man unbedingt meckern möchte. Wollen wir an dieser Stelle nicht, Minus The Bear gelingt ein guter Start, sie wirken präsent und fokussiert. Die Gitarren perlen natürlich, wie sie es immer tun bei Minus The Bear, meist klingen sie also angenehm warm, so wie beispielsweise im nachthimmlischen "Diamond lightning", einem atmosphärisch dichten Song, vielleicht sogar dem besten Song der Amerikaner seit Jahren. Interessant sind aber auch die abseitigeren Stücke, wie das unruhige "Listing", dessen nervöse Gitarren positiv herausstechen. Gleiches gilt für die genialen 1980er-Bläser am Ende von "Lonely gun".
Um "Infinity overhead" richtig einordnen zu können, muss allerdings logischerweise auch über die etwas schwächeren Kompositionen gesprochen werden, die glücklicherweise deutlich in der Unterzahl sind: "Heaven is a ghost town" zum Beispiel ist schlicht und ergreifend wenig interessant, kann sich nicht zwischen Postrock und Synthpop entscheiden und klingt dementsprechend zerrissen. Im Vergleich zur äußerst starken ersten Albumhälfte fallen die späteren Songs etwas ab, doch ohne dass es große Auswirkungen hätte. Denn insgesamt ist "Infinity overhead" ohnehin ein Album für ruhige Stunden, Kopfhörermusik, die mit den Hördurchgängen zu wachsen vermag. Irgendwann gewinnt dann auch das anfangs etwas spröde "Empty party rooms" an Charme und Ohrwurmcharakter. Wer mit Minus The Bear geduldig ist, wird schlussendlich belohnt. Frei nach dem Sprüchlein: Slow and steady wins the race.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Steel and blood
- Lies and eyes
- Diamond lightning
Tracklist
- Steel and blood
- Lies and eyes
- Diamond lightning
- Toska
- Listing
- Heaven is a ghost town
- Empty party rooms
- Zeros
- Lonely gun
- Cold company
Im Forum kommentieren
noise
2012-09-07 23:17:03
Habe es jetzt auch gehört. An "Menos El Oso" kommt es nicht ran, aber um einiges besser als die "Omni".
Irgendwas zwischen Pop, Prog und Indie. Vielleicht sogar etwas zu viel Pop. Aber,immer wieder schön ihre verstimmten, verzerten Gitarren.
Andi
2012-08-27 20:26:03
Nach dem ersten Durchlauf: spitzenmäßiges Album! Könnte sogar ihr bestes sein...
noise
2012-07-31 21:59:25
Nachdem "Omni" viel zu seicht war und mich ziemlich enttäuschte wecken die neuen Songs schon wieder Vorfreude.
http://www.youtube.com/watch?v=1n6O3y_FsO0&feature=related
Heist jetzt erst mal abwarten.
Willy Wuff
2012-07-30 23:36:29
Toll!
Wesker
2012-07-30 22:40:57
klingt klasse
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