Stars - The North

Soft Revolution / Unter Schafen / Al!ve
VÖ: 19.10.2012
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vor Schönheit sterben

Die kanadischen Indie-Lieblinge Stars waren immer schon eine Band, deren Songs genauso klangen, wie sich die Romane von Haruki Murakami lesen. Da ging es also um gebrochene Herzen, geflickte Herzen, tote Herzen, fröhliche Herzen, ängstliche Herzen und stürmische Herzen, Amy Millan, Torquil Campbell und Co. empfahlen sich als Kardiologen für die heimische Anlage und machten ihren Job mit Alben wie "In our bedroom after the war" wirklich gut. Sämtliche Aggregatzustände der Liebe wurden unter die Lupe genommen, oft mit unschönem Ausgang, aber immer mit viel Fingerspitzengefühl. Natürlich folgen Stars auch auf ihrem sechsten Album "The North" diesem Patentrezept, doch zum ersten Mal will der Funke nicht so recht überspringen.

Freilich wohnt vielen Stücken immer noch dieser unheimliche Zauber inne, der sich in diesen herrlich-verschlafenen Melodien manifestiert, hervorgebracht von zwei sich stets umkreisenden Stimmen, wohligen Synthie-Flächen und zackigen Gitarren, die aus Harmonie Ekstase machen. Doch man wird das Gefühl nicht los, dass Stars sich zum ersten Mal ein bisschen verfahren haben. Für "The North" bedeutet das: mehr Kitsch, mehr wolleweiche Wohlfühlatmosphäre, mehr Schluffigkeit. Man möchte fast behaupten, das Album drifte hin und wieder in den Indie-Schlager ab. Denn wenn Stars in einem exaltierten Stück wie dem bedeutungsschwangeren "Do you want to die together?" zum Refrain die Arme ausbreiten, dann wirkt diese Geste so überladen, dass einem der Song fremd bleibt.

"The North" ist dennoch kein schlechtes Album. Natürlich nicht. Zwischen die fahrlässigen Mittelmäßigkeiten mischen sich immer wieder tolle Momente, so ganz verlernt man das Schreiben von bittersüßen Hymnen nun ja auch nicht. Wobei schon auffällt, dass jene Kompositionen am meisten ziehen, die das Vergangene aufleben lassen, die an Bestehendes anknüpfen. "A song is a weapon" erinnert beispielsweise in seiner ganzen Metaphorik an die übergroßen Stücke des weithin unterschätzten Mutmacher-Albums "In our bedroom after the war". "I can only hope to kill you with a song" heißt es da also herrlich fatalistisch, Stars sind hier ganz in ihrem Metier. Vor Schönheit zu sterben lag ihnen ja schon immer wie keiner zweiten Band.

Irgendwann wird man sich also sicher mit Bauchkribbeln an "The North" zurückerinnern, auch wenn es die bis dato schwächste Stars-Platte ist. Aber hey, solange sich die Kanadier so zackig-kompakte Lieder wie das flotte "Backlines" ausdenken, welches Millan mit besonders viel Schmelz auf der honigsüßen Stimme vorträgt, ist doch alles einigermaßen tröstlich. Ähnlich harmonisch betäubt das sanfte "Through the mines": Der Schmerz in der Brust lässt nach, wenn Millan mit ihrem Geliebten erst durch das Minenfeld schreitet, nur um am Ende doch zu resignieren: "I think I'd better leave." So schön kann man fast nur in der Liebe scheitern. Und in der Musik.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hold on when you get love and let go when you give it
  • Through the mines
  • A song is a weapon

Tracklist

  1. The theory of relativity
  2. Backlines
  3. The North
  4. Hold on when you get love and let go when you give it
  5. Through the mines
  6. Do you want to die together?
  7. Lights changing colour
  8. The loose ends will make knots
  9. A song is a weapon
  10. Progress
  11. The 400
  12. Walls
Gesamtspielzeit: 44:00 min

Im Forum kommentieren

Saschek0808

2018-02-26 12:28:33

Nach Jahren noch mal hervorgeholt und siehe da - es ist gewachsen! Nachträglich doch ein tolles Album! Viele gute Ideen dabei.

xspiralx

2012-12-19 08:25:14

Gestern in München beim Konzert gewesen. Du meine Güte, war der Sänger dicht, aber singen ging trotzdem mehr als super und das Publikum war großartig, ich war ja auch dabei. Als Zusage gab es ein Acapella-Stück vom Sänger. Schön - die würde ich wieder sehen.

qwertz

2012-12-11 19:32:19

Gestern beim Konzert gewesen und es war sehr, sehr schön. Obwohl ich "The North" kaum kenne, kamen die neuen Songs gut rüber. Total sympathische Band mit unterhaltsamer Bühnenperformance. Publikum war auch gut drauf. Eine gelungener Abend, ich bereue nichts!

lego

2012-11-26 17:06:15

ich versuch es jetzt im dritten anlauf, aber da ist hopfen und malz verloren. so ein schlechtes album hätte ich den stars nie zugetraut. "progress" ist so ein unfug.

Gordon Fraser

2012-11-21 19:57:11

So schlecht ist es eigentlich gar nicht. Wenn Torq und Amy singen kann eigentlich auch gar nicht so viel schiefgehen.

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