The Killers - Battle born
Island / UniversalVÖ: 14.09.2012
Abgebrannt im Zuckerland
"Are we human or are we dancer?" - als wäre es gestern gewesen. Aus Mr. Brightside aus Vegas wurde Herr Müllermeierschmidt aus Buxtehude. The Killers, diese Band, die einst so hoffnungsvoll gestartet hatte und deren Debüt "Hot fuss" man rund um die Uhr, jeden Tag, die ganz Woche hören konnte und wollte - was man ja auch irgendwann mal wirklich getan hat -, war im schaurigen Zuckerland angekommen. Die Vorabsingle von "Day & age" sollte als erster Vorbote für etwas stehen, was noch heute einigen Fans sauer aufstößt. Aus den Killers war nicht einfach eine Popgruppe geworden. Aus ihnen wurde diese unangenehme Erinnerung einer eigentlich recht schönen Vergangenheit. Der Satz "Früher mochte ich die mal" sollte fortan stets mit einem leicht schrägen Gesichtsausdruck ausgesprochen werden. Mit diesem merkwürdigem Gefühl in der Magengegend: Scham.
Jaja, wer hat es nicht schon alles gesagt: "Vor "Human" war alles anders!", aber stimmt das wirklich? Denn im Grunde war die Mannschaft rund um Paradiesvogel Brandon Flowers dem Pathos doch nie wirklich abgeneigt. Die knallharten Rocker waren sie auch nicht. Und doch änderte sich mit diesem berüchtigten dritten Album etwas. Kein Wunder also, dass ein erleichtertes Aufatmen die Runde machte, als es hieß, dass kein Geringerer als Alan Moulder das neue Album namens "Battle born" abmischen würde, jener Alan Moulder, der auch schon auf den ersten beiden Alben mitgearbeitet hatte. Moment - nur abgemischt? Richtig. Produziert wurde das Teil dafür unter anderem von Stuart Price, aktives Mitglied bei Zoot Woman und Spezi von Madonna und Kylie Minogue. Und genau der Mann, der "Day & age" produziert hat. Auweia, denkt man sich da. Und behält damit Recht.
Zurück also in die Großraumdisko mit vielen jungen, wild umhertanzenden Leuten, die schon "Human" für die Offenbarung hielten. Den Modeschal bei 37 Grad Innentemperatur wie angekettet um den Hals gehängt, an der Bar zwei pappsüße Cocktails mit Schirmchen bestellt, die geschmacklich bestens passen zu dem bombensicher kariesfördernden Zuckerguss mit der Extraportion Schmelz in der Einstiegssingle "Runaways". Immerhin stellen sich The Killers hier nicht ganz doof an: Da hört man tatsächlich die eine oder andere elektrische Gitarre raus, und vom Kopfsprung in die Dance-Gewässer dieser Welt sind Flowers & Co. hier auch noch weit entfernt. Stattdessen orientiert man sich zumindest an früheren Singles, die man immer gut an ihrer großen Geste epischen Ausmaßes erkennen konnte. Gar kein schlechter Versuch. Ein paar Songs weiter landet man dann bei "Here with me", und die gerade aufkeimende Hoffnung auf das Gute weicht einem triefenden Ergriffenheits-Aufguss im Stile von Matchbox Twenty, und selbst die hätten das Teil nicht gefühlsduseliger gestalten können.
Dass sie das eigentlich besser könnten, zeigt "A heart of a girl", das weitaus balladesker anfängt, als es endet. Brandon Flowers' Stimme lässt sich in beiden Teilen schmeicheln und nicht mal durch den dick aufgetragenen Chor am Schluss schaden. Produziert wurde der Song von der Band selbst in Zusammenarbeit mit Daniel Lanois, der zuletzt das Album "Le noise" vom Altmeister Neil Young zu verantworten hatte. Zu schade, dass zähe Befindlichkeitsposen auf "Battle born" überwiegen und jeder Schritt nach vorne bereits sofort mit einem ordentlichen Tritt in die Kniekehle beendet wird. Da wäre zum Beispiel der Opener "Flesh and bone" (sei verflucht, Stuart Price!), bei dem jeder in der Großraumdisko, der früher noch mit geschlossenen Augen zu "Smile like you mean it" mitgesungen hat, heulend zu Boden geht und hofft, dass das böse, böse Synthie-Monster bald wieder verschwindet und keinen zu großen Schaden anrichtet.
Der Terroranschlag auf Leib und Seele und die Gehörgänge geht aber weiter. "From here on out" etwa könnte ebenso gut eine Single von Bryan Adams zu seiner besten Zeit in den 90ern sein, inklusive Mitmach-Refrain aus dem Malen-nach-Zahlen-Baukasten. Ganz vorbei ist es dann aber, wenn der Titeltrack von "Battle born" ertönt, der mit viel Strom und Stimme dazu auffordert, niemals aufzugeben und ewig weiterzukämpfen, selbst wenn Deine Lieblingsband sich in einen Haufen Laberbacken in Lederjacken mit Pelzkrägen verwandelt hat - oder so. Dass sie dabei in etwa so revolutionär daherkommen wie eine Gruppe Anti-Kapitalismus-Aktivisten vorm Apple-Store, wird die Killers genausowenig interessieren wie alle anderen in der bereits genannten Disco, die den "Human"-Dreck fressen und sich irgendwann über Magenschmerzen wundern. Früher mochte ich die auch mal, schön wars- aber das ist vorbei.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Runaways
- Heart of a girl
Tracklist
- Flesh and bone
- Runaways
- The way it was
- Here with me
- A matter of time
- Deadlines and commitments
- Miss atomic bomb
- The rising tide
- Heart of a girl
- From here on out
- Be still
- Battle born
Im Forum kommentieren
IB
2016-01-01 13:40:23
Ich stimme mit der Kritik voll und ganz zu und könnte keine besseren Worte finden um es auszudrücken. I miss the good old days!
Boston
2012-12-27 22:26:08
Dieses Weihnachten habe ich das erste Mal in meinem Leben eine Platte von jemandem geschenkt bekommen, der jünger ist als ich. Das Ergebnis war das diesem Thread Titel gebende Album. Interessant herauszufinden, was eine Platte über den Schenker aussagt, vor allem angesichts der Tatsache, dass bisher nur ich Musik verschenkt habe.
Darüber nachzudenken hat 51 min 43 sec gedauert.
angry Tom Petty
2012-09-26 19:03:03
Können wir bitte sammeln, was die Killers von ~80ies Artists geklaut haben?
Runaways
1. Intro = Intro von Learning to fly - Tom Petty
2. letztes Riff (und zwischen durch ab und zu, glaub ich) = gleich wie im Heat of the Moment - Asia Intro
3. RUUUAAAAANAWAAAAYS = Baby, we were born to RUUAAAAAN
musie
2012-09-25 18:16:02
jetzt ist doch noch eine battle (ge)born:
wer macht das schlechteste posting 2012: die chancen für mich stehen äußerst gut, ich bin so unfassbar dumm!
musie
2012-09-25 16:43:08
doch zurück zum thema: battle born zeigt auf, wie gut eigentlich sam's town war..
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