Mission Of Burma - Unsound

Fire / Cargo
VÖ: 13.07.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Zuverlästigen

"Mission Of Burma sind Virtuosen an ihren Instrumenten. Wenn sie sie nur mal gemeinsam spielen würden und nicht immer jeder für sich.", so urteilte einst ein US-Magazin. Plattentests.de setzt entgegen: Gut, dass die Bostoner überhaupt noch spielen. Oder wieder. Nach ihrer Auflösung dauerte es nämlich rund 20 Jahre, bis Roger Miller, Clint Conley und Peter Prescott 2004 Noise-Rock und Beton-Punk erneut ungebremst vor die Wand fuhren. Die Referenz, die ihnen Moby oder Radio 4 mit den Coverversionen "That's when I reach for my revolver" beziehungsweise "Academy fight song" erwiesen hatten, verfehlte ihre Wirkung also nicht - und wenn sich auf Alben wie "ONoffON" oder "The obliterati" etwas geändert hatte, dann allenfalls, dass sie noch kratzbürstiger und stachliger gerieten als das frühe Meisterwerk "Vs."

Die Presse darf also wahlweise die Ohren verdrehen oder jubeln, dass die zuverlässig lästige Band auf dem vierten Album nach der Reunion wieder mit dem Sezierbesteck rasselt und Shellacs Bob Weston als Spezialist für Geräusch-Operationen ohne Betäubung mittut. Schon zu Anfang zersplittern die Riffs von "Dust devil" zu frenetischer Heizung aus Bass und Schlagzeug fast wie einst bei Big Black - das mag an beginnendem Altersstarrsinn des inzwischen 60jährigen Miller liegen oder auch an Westons Einfluss, der von Mitmusiker Steve Albini offensichtlich eine Kiste zahnschmelzsprengende Gitarrensounds mitgebracht hat. Und spätestens wenn böse Elektronik das darauffolgende Stück röhrend untergräbt, ist klar: Mission Of Burma haben nicht bloß einen "Semi-pseudo-sort-of-plan", sondern wissen ganz genau, was sie da tun.

Selbst ein vergleichsweise simpler Song wie "This is hi-fi" droht jeden Moment von knirschend-stoischem Stakkato in eine krachende Detonation auszuarten - statt sich auf ihre alten Tage zurückzunehmen, entfalten Mission Of Burma hier eine noch rohere Power als 1982 auf dem vergleichbaren "(This is not a) photograph". Heute wie damals allenfalls ein Zerrbild von Rockmusik, in das immer wieder harsche Punkriffs, waghalsige Akkordfolgen und kantige Rhythmusmuster hineinhechten. Einfach macht es die Band dem Hörer und sich selbst kaum einmal: Ein Titel wie "Fell-->H2O" will eigentlich nur sagen, dass jemand zu zerspantem Geschredder unfreiwillig baden geht - der Song aber hangelt sich textlich wie musikalisch genüsslich von A nach C und schwimmt am Ende natürlich oben. Warum auch einfach, wenn es kompliziert geht?

Doch immerhin an ein paar Dingen kann man sich festhalten: an nach vorne gemischtem Johlegesang, Harmonie vortäuschenden Backgroundchören und irrlichternden Bläsern, die bei "Add in unison" und dem kämpferischen "What they tell me" nahelegen, dass Foals' "Cassius" und The Cures "Close to me" für Mission of Burma keine Unbekannten sind. Bezeichnend, dass der pumpendste und aggressivste Punkrocker ganz am Ende steht und natürlich "Opener" heißt - ein Schelm, wer da nicht noch einmal kurz an Big Black denken muss, die den letzten Studiotrack ihrer Karriere ausgerechnet "Bombastic intro" nannten. "Unsound" reicht zwar nicht an das Soundarsenal der Chicagoer Lärmlegenden heran, kommt ihnen aber immerhin so nahe wie wenige andere aktuelle Bands. Muss wohl an der Virtuosität liegen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Dust devil
  • This is hi-fi
  • Fell-->H2O
  • Opener

Tracklist

  1. Dust devil
  2. Semi-pseudo-sort-of plan
  3. Sectionals in mourning
  4. This is hi-fi
  5. Second television
  6. Part the sea
  7. Fell-->H2O
  8. Add in unison
  9. 7's
  10. What they tell me
  11. Opener
Gesamtspielzeit: 34:34 min

Spotify

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