Fury In The Slaughterhouse - The color Fury

EMI
VÖ: 02.04.2002
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Kleckern statt Klotzen

Mit Buntstiften ist es nicht mehr getan. Fury In The Slaughterhouse packen die tropfenden Lackfarben aus und hantieren mit fetten Pinseln herum. Ohne Rücksicht auf beißende Farbkombinationen und dezente Detailzeichnungen platscht "The color Fury" aus dem Regal. Dabei fing doch alles so erfreulich an. "Things like this", eine ergreifende Klavierballade und der wohl beste Song der Band, seit sie das heimelige Indielabel verlassen hat, eröffnet Platte und Herzen. "Things like this don't grow on trees, babe" schwelgt Frontglatze Kai-Uwe Wingenfelder hier, und die Geigen weinen leise.

Doch auch den Fan überfällt mit der folgenden Singleauskopplung das Schluchzen. Was sich schon mit dem unmotivierten Sample von Martin Luther Kings legendärer "I have a dream"-Rede andeutet, wird von wackligem Chorgesang zur einfallslosen Melodie vollends über den Jordan geschippert. "Angels & thieves" glänzt vor allem durch pathetische Pennälerlyrik. "This one goes out to all the angels and all the saints / And I hope this one will not go out in vain." Das würde sich nicht mal Prediger Bono trauen, von der Kanzel zu schmettern.

Kaum ist die Pathossuppe versickert, setzt es locker-flockigen Gitarrenpop, den die Hannoveraner ja schon immer drauf hatten. Daß aber gesichtslose Songs wie "I feel fine" oder "Sunday again" schon auf früheren Alben als verzichtbar gegolten hätten, scheinen die Pferdeflüsterer selbst zu merken. Schon klatscht man uns - man ist ja mittlerweile weltoffen geworden - eine Reggae-Imitation auf den Teller. Dennoch müffelt der "Midnight rider" der Allmann Brothers penetrant nach niedersächsischer Provinz, und schon erinnern wir uns an Jan Delays Warnung vor "hannoveranischem Rock'n'Roll".

So kunterbunt, wie sich die Band mit ihrem neunten Studioalbum geben will, ist "The color Fury" nämlich längst nicht. Allzuviele Farbtupfer entpuppen sich als dünne Wasserfarbe über Schema F wie Fury. Mit dem routinierten Malen nach Zahlen gelingt kaum mehr als Fan-Bedienung. Die ruppigeren "The shape of things to come" und "Long ride" zeigen den Weg in die richtige Richtung. Statt nun aber das Heil in der Flucht nach vorn zu suchen, gibt's gleich wieder ein paar kuschelige Schnulzen. Beim aufs Wesentliche reduzierten "Can't remember" funktioniert das sogar ganz gut.

Im düsteren "Falling apart" findet der Sechser schließlich mit ganz anderen Mitteln zu alter Kraft. Über folkige Mandolinenklänge schwebt Wingenfelder davon und stimmt urplötzlich in ein unvermutetes Donnern ein. Dissonante Gitarren schwirren umher und kitzeln nervöse Streicher unter den Achseln. Schicht um Schicht türmt sich hier ein wahrer Song-Brocken auf. Doch statt über den offensichtlichen Pfad aus dem Hymnen-Handbuch in einem Refrain zu münden, fasert es hier dramatisch aus. "Saving deep emotions never touched upon." Der Spannungsbogen hält, und die Feuerzeuge bleiben aus.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Things like this
  • Falling apart
  • Can't remember

Tracklist

  1. Things like this
  2. Angels & saints
  3. Long ride
  4. Midnight rider
  5. Vincent & Victoria
  6. I feel fine
  7. Boomtown Babylon
  8. Falling apart
  9. Can't remember
  10. Shape of things to come
  11. Sunday again
  12. Grey November day
  13. Waterless
  14. Fly sadness fly
Gesamtspielzeit: 60:01 min

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