Okta Logue - Ballads of a burden

Columbia / Sony
VÖ: 11.05.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Schattenglobalisierung

Vergesst London, vergesst New York. Das waren mal die Städte, aus denen sie zu abertausenden herkamen, die BerufsmusikerInnen und all die Kreativen mit ihren Bands und "Projekten". Vergesst Berlin, es gibt Darmstadt. Da kommen die vier Herren von Okta Logue her. Und diese sind einzeln wie durcheinander doch schon durch so einige Musikerbetten der Metropolen Darmstadt und Wiesbaden gesprungen, um Großartiges in die Welt zu bringen: Den Jubelarien-Screamo von den Rollergirls, der Battles und die Chipmunks zusammenschüttet zum Beispiel. Oder den gehetzten Hardcore von SarG und den lieblichen Songwriter-Pop von Benno Herz, dem Soloprojekt des Sängers und Gitarristen. Nicht zu vergessen sind noch die Brüder im Geiste von Actress (nacktes Chaos, nun tot) und Radare (Bohren & Der Club Of Gore, nun...besser).

Stillstand ist der Tod. Also heißt es in Bewegung zu bleiben, mal avantgardistisch vorneweg, mal als Reanimation des Vergangenen. Dem Letzteren haben sich Okta Logue verschrieben, in nostalgischer Detailverliebtheit. Und sie müssen hunderte von Stunden am Feuer gesessen haben und zugehört haben, was die Alten erzählen: Von den Doors, Pink Floyd und dem seligen Psychedelic-Rock der 60er und 70er. Also werfen sich Okta Logue wie in Schwarz-weiß in Pose und stauben die Orgel ab. Es ist, als würde man alte Fotoalben durchblättern: Auf jeder Seite gibt es etwas zu entdecken, Wohlbekanntes manchmal, manches längst vergessen. Ganz egal, ob es die eigene Familie da auf den Bildern ist, jeder erkennt altbekannte Miniaturen wieder, die Nostalgie holt einen ein. Freilich, auch mal die ein oder andere Sekunde der Scham: "So sind die rumgelaufen?"

Die sehnsüchtigen Bläser, die sich da zusammenrotten im Ausklang von "Shine like gold", sie passen in die eine perfekte Nacht, an die man ewig zurückdenkt. Auf den ersten Blick erinnert wenig auf "Ballads of a burden" ans Hier und Jetzt. Die brillantesten Akzente setzen Okta Logue nichtsdestotrotz genau an jenen Stellen, wo sich die Begeisterung für abgenutztes Vinyl mit modernem Pophedonismus zusammentut: So ist es das angezogene Tempo und der plötzlich hineinspringende Dance-Radau in "Decay", das 20-minütigen Herzstück des Albums, der die musikalische Offenherzigkeit Okta Logues voll ausschöpft.

In diesem Sinne mag man nur froh sein um Myspace, Facebook und das riesige Plattenlabel, dass da jetzt endlich, mit Verspätung, die Musik der Vier großflächig unters Volk bringt. Und idealerweise fällt noch etwas ab, damit auch die anderen, herausragenden und diversen Liebschaften ins Rampenlicht gezerrt werden. Die Abgründe, die sich in den Texten Okta Logues auftun, halten noch so manch' dunkle Geschichte verborgen: "And still the streets are riddled with blood / And all your needs / Ankle-deep in mud." Der hippieske Tonfall ist nur ein Teil der Wahrheit. Ach, wo kommen eigentlich Culcha Candela nochmal her? Eben.

(Nicklas Baschek)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Shine like gold
  • Decay

Tracklist

  1. Bright lights
  2. Just to hear you sleep
  3. Deal with the digger
  4. Mr. Zoot Suit
  5. Shine like gold
  6. Decay
Gesamtspielzeit: 40:50 min

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