The Tallest Man On Earth - There's no leaving now
Dead Oceans / CargoVÖ: 08.06.2012
Tausendmal berührt
Er könnte sich getrieben fühlen, den nächsten großen Schritt zu wagen. Ein aufgepumptes, glattgezogenes Album aufnehmen, damit auch noch die paar Versprengten, die bisher nichts von Kristian Matsson mitbekommen haben, die frohe Kunde erhalten. Vielleicht an den viel zu hohen Erwartungen scheitern und sich daheim in Dalarna verkriechen, um wieder neu anzufangen. Aber nichts da! Er pfeift auf all das, setzt sich abermals mit seiner akustischen Gitarre auf ein Stühlchen und fängt an zu singen. Songs, die trotz ihres eingeschränkten Instrumentariums so verführerisch nach großer Freiheit duften und die dem Schweden trotz ihrer Tiefe und etwaigen Schwere erneut so locker leicht von der Hand gehen. Wie macht der Mann das nur?
Der Aufnahmeprozess gestaltete sich jedenfalls etwas anders als sonst. Der Singer-Songwriter nahm sich Zeit, viel Zeit, und beendete durchweg glücklich nach knapp fünf Monaten die Sessions. Für "The wild hunt" hatte er nur fünf Wochen gebraucht. So wirklich niedergeschlagen hat sich diese Änderung auf "There's no leaving now" nicht. Die allgegenwärtige Akustikgitarre bekommt wie gewohnt hier und dort etwas Unterstützung durch eine leidende Pedal-Steel, die beizeiten, wie in "Bright lanterns", die Zügel in die Hand nimmt und mit Matsson um die Wette jault. Das Titelstück "There's no leaving now" ist die Klavierballade des Albums, die zwar nicht ganz an das einfach übergroße "Kids on the run" von "The wild hunt" herankommt, aber immer noch berührend genug ist, um die eine oder andere Träne zu fordern. Meist benötigen die Songs aber gar nicht viel mehr als den einsamen Matsson, um mit unvergleichlicher Aura und sich behutsam entfaltender Größe zu becircen.
Es ist schon erstaunlich, wie viel der Schwede aus fast Nichts zaubern kann. Apropos Zauber: Um das Charisma und die Präsenz dieses Singer-Songwriters zu spüren, muss man ihn unbedingt live sehen. Menschenmassen, die diesem - entgegen seinem Künstlernamen sehr schmächtige - Mann auf der viel zu großen Bühne verfallen sind; weinende Männer; zutiefst Betrunkene, die für ein paar Minuten den Plastikbecher links liegen lassen - Kristian Matsson schafft sie alle früher oder später. "There's no leaving now" ist zwar nur eine konsequente, etwas weniger zwingende Fortsetzung der ersten beiden famosen Alben "Shallow grave" und "The wild hunt", aber trotzdem immer noch unvergleichlich. Wie gewohnt ist trotz der längeren Aufnahmesessions wenig geradegerückt oder geglättet, Matssson knarzt und schnarrt, bis auch das winzigste Wort mit beträchtlicher Bedeutung aufgeladen scheint. Kleiner Mann schon wieder ganz groß.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Revelation blues
- Leading me now
- There's no leaving now
Tracklist
- To just grow away
- Revelation blues
- Leading me now
- 1904
- Bright lanterns
- There's no leaving now
- Wind and walls
- Little brother
- Criminals
- On every page
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