John Mayer - Born and raised
Columbia / SonyVÖ: 18.05.2012
Abschied vom Café Klatsch
Fast könnte man meinen, er hätte die Kurve gekriegt. Ruhig ist es um ihn geworden, und selbst jetzt, wo doch sein fünftes Studioalbum kurz vor der Veröffentlichung steht, ist es ganz anders als sonst. Keine intimen Aussagen über diverse Ex-Partnerinnen, keine höchst merkwürdigen Interviews, in denen er sich nur noch mehr in die Privatsphäre seiner Verflossenen einmischt, nicht mal befremdliche Fotos mit wahllos wechselnden Bettgenossinnen gibt es. John Mayer, immerhin seit elf Jahren im Geschäft, scheint die Sache jetzt anders angehen zu wollen. Der 34-Jährige gab sich zuletzt geläutert, er habe viele Fehler gemacht, hätte vieles nicht so sagen sollen und wollen, und überhaupt sei vieles schief gelaufen. Das sei jetzt vorbei, kein Klatsch und Tratsch mehr, keine Bettgeschichten, generell wenig Privates. "Born and raised" ist also Teil dieses Neuanfangs, und dazu gehört ein kleiner, wenngleich auch feiner Stilwechsel.
Dass Mayer ein guter Gitarrist und ein durchaus guter Sänger ist, wissen Kenner seiner Musik bereits. Warum er diese beiden Talente auf seinen beiden letzten Alben mit mehr oder weniger bescheidenen Popsongs zum Fenster rausgewarf, muss man nicht verstehen. Auf "Born and raised" jedenfalls erfolgt die Abkehr vom Pop hin zu Americana, Blues-Rock und sogar Folk. Die Ruhe, die nun im Hause Mayer herrscht, ohne die ganzen Weiber, die ihm immer das Leben schwer gemacht haben, ist hier hörbar, und selbst wenn das flockige "Something like Olivia" Erinnerungen weckt an seinen größten Hit "Your body is a wonderland", so wird doch recht schnell deutlich, dass sich hier etwas getan hat. Vom warmherzigen und wirklich schönen Opener "Queen of California" mit seinen Country-Anleihen bis hin zur ersten Single "Shadow days", in der Mayer über vergangene Untaten mit "I'm a good man / With a good heart / Had a tough time / Got a rough start / But I finally learnt to let it go" nach einer Entschuldigung sucht, macht er hier zunächst viel richtig.
Auf dem Titeltrack "Born and raised" hockt man gemeinsam mit Mayer auf der Veranda, er spielt die Mundharmonika und alle schunkeln gemütlich vor sich hin, während das rhythmische "Walt Grace's submarine test, January 1967" ein wenig Zeit benötigt, bis endlich was passiert. Mit der Unterstützung von Pianist Chuck Leavell, seinerzeit Mitglied der Allman Brothers Band, wird es auch auf "Whiskey, whiskey, whiskey" sowie der gesamten zweiten Hälfte des Albums deutlich ruhiger und schmusiger. Vielleicht gar etwas zu ruhig, obwohl das soulige "If I ever get around to living" vieles wieder rausreißt. Das überflüssige "Born and raised (Reprise)" hätte es eigentlich schon nicht mehr gebraucht. Denn bis dahin ist bereits klar: John Mayer hat die Kurve gekriegt und sein bestes Album bislang hingelegt. Vorbei die Zeiten, in denen man mehr über sein Privatleben und die sexuelle Wirkung seiner Partnerinnen wusste. Endlich geht es um die Musik, und für den Moment ist sie Mayers beste Partnerin.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Queen of California
- Something like Olivia
- If I ever get around to living
Tracklist
- Queen of California
- The age of worry
- Shadow days
- Speak for me
- Something like Olivia
- Born and raised
- If I ever get around to living
- Love is a verb
- Walt Grace's submarine test, January 1967
- Whiskey, whiskey, whiskey
- A face to call home
- Born and raised (Reprise)
Im Forum kommentieren
Fiddler On The Roof
2013-08-26 23:16:02
@"Rechter Flügel" Germany: sorry, du verwechselst die beiden Typen...!
dr. note
2012-05-24 12:40:54
Schwächste Platte bisher. Nicht ein Song, der musikalisch herausragt oder Überraschendes zu bieten hätte.
Bei den Vorgängern bin ich dagegen bisher noch jedesmal fündig geworden. (Clarity, Belief, Neon, Edge Of Desire)
Rechter Flügel Germany
2012-05-17 13:29:47
Jetzt muss er nur noch seine Drogenprobleme in den Griff bekommen. Ziemlich aufgedunsen und ungesund sieht er inzwischen aus: http://www.youtube.com/watch?v=DMTO0XvqDyI
Andi
2012-05-16 23:00:24
Hut ab, wirklich. Denn nach dem ersten Durchlauf: sein bisher (mit Abstand) bestes Album. Authentisch, bodenständig, völlig unaufgeregt und ohne den unnötigen Schmalz der letzten (beiden) Alben.
Er scheint sich von dem Ballast der millionenfach verkaufen Alben befreit zu haben. Wunderbar, das hätte ich ganz sicher nicht mehr erwartet.
In diesem Sinne: gute Besserung, John Mayer!
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