Garda - A heart of a pro

K&F / Broken Silence
VÖ: 27.04.2012
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wehmutig

Es war aber auch zu traurig damals. Als an dieser Stelle die Story von Martin und Gabi stand; er, der von ihr verlassen wurde. Sie, die einen Neuen hatte. Martin verzog sich und schrieb in all seiner Trauer einen ganzen Haufen Songs über diesen verflixten körperlichen Schmerz, den der Liebeskummer schon mal verursachen kann. Aus Martin wurde Kai, und dessen Band Garda veröffentlichte mit "Die, technique, die" schließlich ein Album, das vor Herzweh nur so strotzte. Und von dem völlig zu Unrecht viel zu wenig Leute erfahren sollten. Dabei ist diese sechsköpfige Band aus Dresden eigentlich ein echtes Highlight, sowohl live als auch auf Platte. Garda klingen nicht deutsch - nicht, dass das zwangsläufig schlecht wäre - und schaffen es irgendwie, die Emotionen auf ihren Konzerten so zu verpacken, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft sie spüren, gar nachempfinden können. Nach fast vier Jahren des Wartens, in denen das Garda-Kollektiv durchs Land getourt ist und sich für die Aufnahmen schließlich in einer einsamen Hütte verbarrikadierte, erscheint mit "A heart of a pro" nun das zweite Album. Zerbrechlich und verletzlich klingen Kai Lehmann und seine Kollegen immer noch, aber vor allem auch reifer und erwachsener.

Da passt der Titel wie die Faust aufs Auge. Ein Herz, das verletzt und enttäuscht wurde, wird stärker, es wird eher fertig mit dem Ungleichgewicht und dem Schmerz, könnte man zumindest annehmen. In Anbetracht der todtraurigen Songs des Debüts müssten Garda demnach wirklich professionelle Herzen haben. Und sie beanspruchen die Pumpen ihrer Hörer gleichermaßen. Sei es mit "Oh euphoria, my dear", das sich zu einem intonierten Ausbruch der Gefühle steigert und dabei vom Piano nicht nur begleitet, sondern förmlich angestachelt wird, oder mit dem Titeltrack, der klingt, als würde Lehmann mit der Gitarre bewaffnet eine Geschichte erzählen wollen. Nach nicht mal zwei Minuten ist es schon wieder vorbei, und was sich anhört wie eine Anleitung für den Rest des Albums, ist in Wahrheit nur ein kleiner Vorgeschmack. Untermalt von Streichern wiederholt Lehmann im Opener "Upper / Lower water course" die Zeile "My love is a fact" - bei allem Kummer und Leid findet man eben nicht so leicht den Ausschalter für die eigenen Gefühle, und so simpel es klingen mag, ist es genau das, was dieses Album ausmacht.

Alle Songs aus der Winterhütte - alle, bis auf einer - wurden noch vor den Aufnahmen wieder verworfen, bis sich Garda für zehn Monate im Studio verschanzten. Der hoffnungsvollen und gleichzeitig getriebenen Ästhetik in den meisten Stücken hört man das an, und es tut ihnen gut. Da wäre das stockfinstere "Vessels", das an The National erinnert, also eine weitere Band, die für ihre Melancholie bekannt ist, und das ruhig startende "Black", das zu einem tosenden Sturm heranwächst, der alles mitreißt, was man sich vorher in seinen Gedanken aufgebaut hat. Garda machen es sich selbst und den Hörern nicht leicht, stets werden sie von der Traurigkeit gejagt, bis einer heult. Vielleicht beim Schlussakt mit "00:00". Mitternacht? Oder eine abgelaufene Zeitangabe? Womöglich eine Zeit, die gar nicht anbricht. Grau und aussichtslos scheint der verklärte Blick auf die Welt zu sein, kalt ist es, beinahe ungemütlich, und doch so berührend, dass ein kalter Schauer über den Rücken geht und so schnell nicht vergeht. Schließlich brechen die Dresdner doch noch aus, und ganz kurz vorm Finale bleibt schließlich doch die Erleichterung, dass zu jedem Ende immer auch ein Anfang gehört.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Upper / Lower water course
  • Oh euphoria, my dear
  • A guilty conscience needs no accuser
  • 00:00

Tracklist

  1. Upper / Lower water course
  2. Vessels
  3. Oh euphoria, my dear
  4. A heart of a pro
  5. Gallows
  6. Hiroo Onoda
  7. Black
  8. People
  9. A guilty conscience needs no accuser
  10. 00:00
Gesamtspielzeit: 43:58 min

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