Mystery Jets - Radlands
Rough Trade / Beggars / IndigoVÖ: 27.04.2012
Inselleben
"I've heard, there's a place where we go to die" - Blaine Harrison eröffnet "Radlands" mit Gedanken ans Ende. Ans Ende des Lebens, ans Ende der Welt - und er scheint sich nicht sicher zu sein, wo besagter Ort liegen und was ihn dort erwarten könnte. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt aber nicht, denn das verträumte Intro endet jäh und geht über in den druckvollen Sound, der seit drei Alben untrennbar mit dem Namen Mystery Jets verbunden ist. Die neue Platte jedoch grenzt sich zumindest auf den zweiten Blick deutlich von den bisherigen Veröffentlichungen ab: Sein viertes Werk hat das Quartett nicht, wie bisher üblich, im heimischen London aufgenommen - möglichst weit weg von der Heimat sollte es gehen, und so verschlug es die Band nach Austin, Texas.
Dort mieteten die vier ein altes Holzhaus, tauften es auf den Namen "Radlands", liehen sich aus einem benachbarten Studio Equipment, das auf neudeutsch wohl als "vintage" bezeichnet werden muss - und setzten, nur von ein paar Rehen aus dem Wald beobachtet, die mitgebrachten Songideen in die Tat um. Während ihrer nächtlichen Ausflüge in die umliegenden Bars trafen die Musiker regelmäßig Menschen, die sie einluden, sich an den Aufnahmen zu beteiligen, und so entstand nach und nach ein Album, das aus so vielen Einflüssen schöpft wie noch keines der vorherigen. Der Sound von "Radlands" ist dabei mit "vintage" tatsächlich treffend beschrieben - eine Eigenschaft, die ausgesprochen gut zu Mystery Jets passt.
Dass sich das Ergebnis meist als relativ konventionelles Gitarrengeschrammel zusammenfassen lässt, macht gar nichts, denn nach anderem steht der Band gar nicht der Sinn. Auffällig ist dagegen das intelligente Songwriting, das die Londoner von anderen Vertretern ihres Genres abgrenzt. So vollgestopft manche Songs beim ersten Hören auch wirken mögen - es handelt sich um perfekt entworfene Sound-Hochhäuser, die ob ihrer Vielseitigkeit und Komplexität nie langweilig werden. Hier versucht niemand, sich als Teil einer Avantgarde mit aufregenden neuen Kreationen zu profilieren, vielmehr greift "Radlands" Altbewährtes auf, verfeinert es und hängt es nach ein paar Schleudergängen zum Trocknen auf, damit man es wohlreflektiert aus der Distanz beobachten kann. Immerwiederkehrende Muster sucht man dabei zum Glück vergeblich.
Jeder Song ist eine kleine Insel mit Strand, Palmen und Vulkan in der Mitte, die einen gesunden Abstand zu ihren Nachbarn einhält. Trotzdem sprechen die Bewohner aller Inseln die gleiche Sprache und tauschen sich rege aus, sodass ein Reisender, der alle elf Inseln der Gruppe besucht, nicht immer wieder aufs Neue einen Kulturschock erleidet. Erst recht nicht beim melancholischen Titeltrack, zu dem es aber genug Gegenpole gibt: Zu "The ballad of Emmerson Lonestar" darf geschunkelt werden, während "Lost in Austin" sogar Stadionrock-Anleihen wagt und ein gepflegtes Schalala in "Greatest hits" ausgelassene Stimmung vermittelt. Trotzdem hat Bassist Kai Fish laut NME inzwischen seinen Ausstieg aus der Band bekanntgegeben - auf welche Insel es ihn jetzt verschlägt, bleibt also abzuwarten. Hauptsache, Mystery Jets werden nach diesem neuerlichen Verlust nicht wieder zu den Misery Jets, als die sich die Band ursprünglich gegründet hatte. Mit Elend hat "Radlands" nämlich glücklicherweise überhaupt nichts zu tun.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Radlands
- The ballad of Emmerson Lonestar
- The hale bop
Tracklist
- Radlands
- You had me at hello
- Someone purer
- The ballad of Emmerson Lonestar
- Greatest hits
- The hale bop
- The nothing
- Take me where the roses grow
- Sister Everett
- Lost in Austin
- Luminescence
Im Forum kommentieren
Gordon Fraser
2012-04-18 21:57:24
"Greatest Hits" nicht bei den Highlights dabei? Frechheit.
Gordon Fraser
2012-04-14 11:12:52
VÖ: 08.05.
1. Radlands
2. You Had Me At Hello
3. Someone Purer
4. The Ballad Of Emmerson Lonestar
5. Greatest Hits
6. The Hale Bop
7. The Nothing
8. Take me Where The Roses Grow
9. Sister Everett
10. Lost In Austin
11. Luminescense
Cover des Jahres auf jeden Fall. Wird das das Texas-Album, dass Sufjan Stevens nie machen wollte/konnte? :)
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