M. Ward - A wasteland companion
Bella Union / Cooperative / UniversalVÖ: 06.04.2012
Der Abgeschminkte
Man kann von Zooey Deschanel halten, was man möchte, aber ihre aktuelle TV-Serie "New Girl" ist schon ziemlicher Quark. Ihr treuer Kompagnon Matt Ward weiß die Zeit zwischen zwei Alben der gemeinsamen Band She & Him hingegen besser zu nutzen und macht genau das, wofür man ihn so sehr schätzt: ein weiteres, natürlich ziemlich schludriges Soloalbum. "A wasteland companion" ist Wards nunmehr siebte Platte, wobei sich noch längst keine Abnutzungserscheinungen einstellen. Ward mag seinen angerockten Folk eben gerne unperfekt und trifft damit doch meistens ins Schwarze.
Wäre er ein Fußballprofi, man könnte ihn wohl problemlos in eine Reihe mit schlampigen Genies wie Mario Basler oder Eric Cantona stellen. Mit Typen also, die stets etwas halbherzig wirkten, aber in ihren hellsten Momenten immer einmal besser waren als der müde Rest. Auch Ward neigt zur groben Fahrlässigkeit - was ja an und für sich eine prima Sache ist - lässt zwischendurch jedoch immer wieder brillante Momente aufblitzen. Diese Art zu komponieren und zu musizieren ist Ward zu eigen und liegt kilometerweit vom naiven Pop entfernt, den der Mittdreißiger mit Darling Deschanel fabriziert. Seine Solo-Stücke klingen ungleich purer, natürlicher. Vielleicht sogar zerbrechlicher, weil sie sich nicht unter millimeterdicker Schminke verstecken.
"A wasteland companion" besticht in erster Linie durch seine herrlichen, frühlingsgrünen Melodien. Wenn "Primitive girl" als Sixties-infizierter Popsong über blühende Wiesen hüpft und im Hintergrund Frauenstimmen einen friedfertigen "Ah-ah-ah"-Chor bilden, dann liegt man gedanklich schon in der Hängematte, die zwischen zwei Birnbäumen im nicht existenten Garten aufgespannt ist. Toll auch, dass Ward in "I get ideas" wie ein vernunftsbegabter Bruder von, aufgepasst und bitte nicht lachen, Peter Doherty wirkt. Der Song ist beschwippst-fröhlich, und Ward klingt, als habe er schon den ein oder anderen Schnaps intus. Aber das hat der Kunst im Allgemeinen - und der Musik im Speziellen - ja in den seltensten Fällen geschadet.
Bevor man das Gefühl bekommt, Ward habe hier ein ultra-niedliches Pop-Albümchen aufgenommen, schleicht sich das unfassbar großartige "The first time I ran away" ins Bühnenbild. Der Kalifornier kann sich hier offensichtlich nicht ganz entscheiden, ob Grizzly Bear nun sein Lieblingstier oder seine Lieblingsband ist - was sich aber letztendlich als nebensächlich herausstellt, denn das Stück ist jedenfalls bis dato definitiv eines der besten aus seiner Feder. Auch in den folgenden Liedern, beim bedächtigen Schunkler "Watch the show" beispielsweise, kreiert Ward eine höchst angenehme Atmosphäre, etwa wenn er mit ruhiger Stimmlage sein gespaltenes Verhältnis zum Fernsehen besingt und all die Jahre bedauert, die er vor der Glotze vergeudet hat. Nun, wir kennen da eine Person, die ihre Lebenszeit sogar in der Glotze vergeudet. Definitiv: Auch nicht besser.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Clean slate
- The first time I ran away
- Watch the show
Tracklist
- Clean slate
- Primitive girl
- Me & my shadow
- Sweetheart
- I get ideas
- The first time I ran away
- A wasteland companion
- Watch the show
- There's a key
- Crawl after you
- Wild goose
- Pure joy
Referenzen
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