Diagrams - Black light

Full Time Hobby / Rough Trade
VÖ: 13.01.2012
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Große Pause

Jetzt also Pop. Bei Tunng war Sam Genders als Co-Frontmann und Songwriter noch damit beschäftigt, bärtigen Folk und bebrillte Electronica unter dem Label des Freak Folk miteinander in die Kiste zu bekommen. Dann stieg der eher unsichere Genders 2007 aus, weil ihn das Musikerdasein deprimierte und ängstigte, heuerte zur psychischen Regeneration an einer Londoner Grundschule als Aushilfszauberer an und nahm erst 2010 mit Ex-Moloko-Mitglied Mark Brydon als Produzent wieder Musik auf, nämlich seine erste Solo-EP "Diagrams". Die bereits inklusive einiger wiederverwerteter Songs alles enthielt, was Genders mit seinem Diagrams-Debüt "Black light" nun formvollendet vor dem Hörer ausbreitet: Lebensfrohe Synthie-Bässe schieben klackernde Laptop-Elektronik vor sich her, verträumte Popklänge vermählen sich mit Harmoniegesang, und kleinteilige Effekte bohren dem Sound schräg grinsend den Ellenbogen in die Seite.

Gerade im Opener "Ghost lit" klingt das noch wie eine zarte schwedische Indie-Pop-Romanze von warmem Keyboard und noch viel wärmerem Melancholie-Gesang. Aber schon das folgende "Tall buildings" macht klar, dass der Bass sich vom gefühligem Laptop-Folkpop auf "Black light" nicht zurückhalten lassen will. Agile, beinahe funkige Grooves ziehen die Songs mit, die trotzdem oft nach Sufjan Stevens klingen - und manchmal so, als hätten Marching Band oder The Shins Zuckermangel, aber dafür einen Drumcomputer. Ansonsten kann man sich aber auch referenzfrei an den vielen kleinen Details im Sound erfreuen: an der spacigen Keyboard-Exkursion in "Mills", den hektisch gegen den Wohlklang anzappelnden Electronics im Outro von "Peninsula" oder der Gitarre, die in "Night all night" vor knisternden Elektronen statt vor knackendem Lagerfeuer spielt.

Wer durch den bunten Instrumental- und Klang-Reigen mit schöner Stimme hindurchblickt, bekommt lyrisch jedoch eher einfache Kost geboten. "Never believed in love 'til now" entfährt es Genders in "Animals", und so toll die wispernde Outro-Atmosphäre des Songs auch ist: So seicht wie hier und in einigen anderen Momenten hätte "Black light" inhaltlich dann doch nicht ausfallen müssen. Auch die von Genders in Bezug auf den Titel und das Album als Ganzes geäußerten, eher schwammigen Konzeptskizzen von Gut und Böse oder Hell und Dunkel findet man in den gemütlichen Texten nicht ernsthaft wieder. An der Schönheit des sanft funkelnden, manchmal geradezu mathematisch bezaubernden Komplex-Pop von "Black light" ändert das aber nur wenig. Live dürfte jener noch interessanter werden: Diagrams soll auf der Bühne vom Solo-Projekt zur neunköpfigen Band anwachsen. Ob das noch Pop ist?

(Dennis Drögemüller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Appetite
  • Animals
  • Peninsula

Tracklist

  1. Ghost lit
  2. Tall buildings
  3. Night all night
  4. Appetite
  5. Mills
  6. Antelope
  7. Black light
  8. Animals
  9. Peninsula
Gesamtspielzeit: 43:31 min

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