Real Estate - Days

Domino / GoodToGo
VÖ: 14.10.2011
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Eingelullt

Würde es einen Preis für das spektakulär-unspektakulärste Album des Jahres geben, die zweite Platte der US-Amerikaner Real Estate hätte beste Chancen diesen einzuheimsen. Nichts an "Days" wirkt gezwungen, nichts abgehoben. Real Estate sind fünf bodenständige Typen, die gerne an ihren abgegriffenen Instrumenten Songs komponieren, die bestenfalls mit Unsinnsbegriffen wie Post-Gitarrenpop zu beschreiben sind. Dies war bereits auf dem sehr guten Debüt von 2009 der Fall und wirkt auf dem neuen Album noch ausgereifter und schlauer. Dabei sind die zehn Stücke wirklich überhaupt nicht außergewöhnlich: Eigentlich sind es klapprige, sich ständig wiederholende, minimalistische Slacker-Hymnen, die, und das ist das Gute daran, schlicht und ergreifend schlicht und ergreifend sind. Mehr braucht man doch nun wirklich nicht, oder?

"Days" übt trotz oder gerade wegen seiner unprätentiösen Gangart eine unheimliche Anziehungskraft aus. Dies ist vielleicht das Einzige, was hier irgendwie außergewöhnlich erscheint. Doch diese sommerlichen Stücke zwischen Surf-Rock und Gniedel-Pop bestechen durch eine Wärme und Herzlichkeit, die immer seltener zu werden droht. Allgegenwärtig sind hier die sachten und stets weich perlenden Gitarren, die durch die Songs tröpfeln, ihnen Auf- und Abtrieb verleihen und generell bestimmen, in welche Richtung es gehen soll. Und so darf ein Akkord auch zweiundvierzigmal wiederholt werden, eben genauso lang, bis man die behutsamen Melodien nicht mehr aus dem Kopf bekommt. "Days" lullt so herrlich ein und ist doch stets in Bewegung, macht es sich nicht zu bequem, ohne auch nur einen einzigen Moment anstrengend zu werden.

Bereits der erste Song gibt die Marschrichtung vor, heißt sinnigerweise "Easy" und klingt auch wie locker aus dem Ärmel geschüttelt: Hier stellen Real Estate ihr Händchen für simple, aber schlagfertige Melodien unter Beweis. Mit solchen Stücken schenken Real Estate dem Hörer ein bisschen Sonne, was angesichts der bevorstehenden Wintermonate nun wahrlich nicht verkehrt ist. Neben der Fähigkeit kleine Feuer zu zünden, haben Real Estate sogar noch ein Händchen für regelrechte Übersongs. Das knackige "It's real" braucht keine drei Minuten für seine zwei liebestrunkenen Strophen und den Refrain, der lediglich aus "Ohs" und "Whoas" besteht. Das folgende Instrumental trägt kurioserweise den niedlichen Titel "Kinder Blumen" und wirkt trotz seines repetitiven Charakters zu keiner Sekunde redundant.

Der beste Song des Albums ist das vollkommen zurückgelehnte, lässig in der Hängematte schaukelnde "Out of tune". Hier nimmt sich das Quintett mal Zeit, gibt dem Song nicht nur einen spitzenmäßigen Refrain, sondern auch den nötigen Auslauf in Form von gniedeligen Gitarrenparts. Verträumt geht es im Albumkontext weiter, Stücke wie "Municipality" oder "Wonder years" bewegen sich zwischen 80er-Collegerock und dem angesagten Schrammelpop der letzten Jahre, machen dabei aber einiges richtig. Real Estate extrahieren die besten Zutaten und destillieren daraus ganz ungekünstelt und natürlich zehn klare, geradlinige und doch immer etwas verspielte Gitarrenpop-Songs. Stücke, die in ihrer Unaufgeregtheit aus der Masse der hibbeligen, zwangsneurotischen Trends herausragen. Ergreifend schlicht.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • It's real
  • Out of tune
  • Municipality

Tracklist

  1. Easy
  2. Green aisles
  3. It's real
  4. Kinder Blumen
  5. Out of tune
  6. Municipality
  7. Wonder years
  8. Three blocks
  9. Younger than yesterday
  10. All the same
Gesamtspielzeit: 42:31 min

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AliBlaBla

2021-10-28 09:55:18

Ja, das ist ein feines Album, finde ATLAS aber noch eine Spur schärfer (und die Band, auch live) echt knorke..

Kalle

2021-10-28 08:14:36

Zum 10jährigen Jubiläum gibt es seit einer Woche ein Cover des Television-Songs "Days". Sehr schön!

Gordon Fraser

2018-03-05 19:04:33

Hör's immer noch gern, aber die zweite Hälfte fällt schon ein bisschen ab. Seite 1 dafür Hit an Hit an Hit.

tuxx

2014-05-13 17:35:28

Das erste hat mit "Beach Comber" aber ihren vielleicht besten Song. Zum Einstieg aber Days oder Atlas.

Kacke

2014-05-13 16:48:15

"Days" ist perfekt, die anderen beiden braucht man nicht unbedingt.

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