Adam Cohen - Like a man

Cooking Vinyl / Indigo
VÖ: 07.10.2011
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Der kleine Papa

Lange dauert es ja nicht: Da steht dieser Mann in der Mitte des Raumes, die Leute schauen ihn an, und irgendwie scheint man ihn schon gesehen zu haben. Aber wo? Diese Gesichtszüge, der charakteristische Mund, die dunklen Augen, all das weckt Erinnerungen. Plötzlich flüstert in der hintersten Reihe irgendwer, kaum verständliches Gemurmel dringt nach vorne, man versteht nicht alles, doch ein Wort bleibt: "Cohen" - und dann ist es wieder vorbei. Nicht, dass es nicht viele Cohens geben würde. Und auch in seiner Heimat Montreal könnte Adam Cohen theoretisch gesehen der Sohn vieler Männer mit diesem Namen sein. Ist er aber nicht. Und so wird der große Vater Leonard Cohen natürlich immer über allem stehen, was sein 39-jähriger Sohn anfasst. Und der wird nur mit Mühe aus dem Schatten treten können.

Es ist ja auch nicht so, dass Adam Cohen es noch nie versucht hätte. Seine ersten musikalischen Schritte unternahm er bereits vor 13 Jahren mit seinem schlicht nach ihm selbstbetitelten Solodebüt, das über einen Achtungserfolg und die kanadischen Grenzen kaum herauskam. Sechs Jahre später folgte mit "Ex-girlfriends" das bis heutige einzige Album seiner Band Low Millions. Cohen ist eigentlich auch beschäftigt genug. Neben seiner Tätigkeit als Repräsentant der Kunstausstellungen seines Vaters, kümmert er sich weiter um seine Solokarriere, die in diesem Jahr mit seinem nunmehr dritten Album "Like a man" Früchte trägt. Etwas mehr als eine halbe Stunde versucht Cohen Junior darauf etwas zu tun, was nicht sofort mit Cohen Senior verglichen wird. Ein schwieriges Unterfangen, zumal sein Stil dem seines Vaters mehr und mehr ähnelt.

"Like a man" beweist, dass die poetische Ader offenbar in der Familie liegt: Cohen erzählt seine Geschichten und zeichnet dabei in allerlei Farben schöne Gemälde, klingt mal fragil wie ein kleiner Vogel, mal geradezu gelassen. Der melancholische Folk zieht sich als roter Faden durch alle zehn Songs des Albums, beginnend mit dem verträumten Opener "Out of bed", einem ruhigen Liebeslied, das gleich zu Beginn mit einer der kitschigsten und schönsten Zeilen zugleich auftrumpft: "For you I'd try to make it rain in the desert". Etwas gröber - zumindest textlich - wird der Titeltrack "Like a man", beim dem Cohen zur sachte gezupften Gitarre seine Liebe mit einer gesunden Abneigung zum Sexismus offenbart, während "Lie alone" mitsamt seiner Melodie, den Frauenstimmen im Hintergrund und seiner Erzählstruktur den Gedanken an die Frühwerke des Vaters kaum abschütteln kann.

Es soll, neben ein paar anderen, ein kleines Problem auf dem Album bleiben. Der nächste Liebessong, "What other guy", die nächste Assoziation zu dem, an den man gar nicht zu denken versucht. Das zweite Problem: Zu oft klingt das alles nur nach Vorprogramm des Vaters, als nach Hauptact. Songs wie "Beautiful" wirken dank Piano und mehreren "I love you"'s nicht nur überladen kitschig, sondern auch abgekupfert und altbacken. Das dritte Problem: Die zehn Songs sind sich zu ähnlich, als das einer wirklich hängenbleiben könnte. Zwar zieht der jazzige Rausschmeißer "Stranger" Cohens Kopf noch aus der Schlinge, jedoch wird nach diesem letzten Song eines ganz besonders deutlich: Der Sohn eines übergroßen Vaters mag zwar auch ein Segen sein - aber auch ein Fluch.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Out of bed
  • Like a man
  • Stranger

Tracklist

  1. Out of bed
  2. Matchbox
  3. Like a man
  4. Sweet Dominique
  5. What other guy
  6. Girls these days
  7. Lie alone
  8. Overrated
  9. Beautiful
  10. Stranger
Gesamtspielzeit: 35:59 min

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Beefy

2011-11-09 18:43:42

Sehr hübsches Kitschalbum.

2011-11-08 22:03:02

dreizig

Tdriver

2011-11-04 02:45:40

Der erste wirklich wirklich große Plattentests-Flop der letzte Zeit. Dieses Album ist ganz und gar wunderbar, allen Liedern voran Sweet Dominique, ein Song so groß wie dieser eine Turm in diesem einen westasiatisch-arabischen Land.

Die Plattentests-Rezension scheint mir doch ein bisschen sehr von der prominenten Abstammung Cohens beeinflusst zu sein.

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