Laura Marling - A creature I don't know
V2 / Cooperative / UniversalVÖ: 23.09.2011
Ich ist kein anderer
Das Spannendste an Laura Marlings Musik ist im Grunde ihr Zielbewusstsein. Hier werden keine zu Recht oder Unrecht unter der tonnenschweren Last von Jahrzehnten folkloristischer Eintönigkeit verschüttete Subgenres wieder ausgebuddelt. Es wird auch nicht versucht, jeden noch so abwegigen Seitenarm mitzuschwimmen, zu dekonstruieren, zu sublimieren, zu verwässern oder - im schlimmsten Fall - all das zugleich. Stattdessen ist Marling selbstbewusst und ihre Musik gut genug, um sich einfach so ins leicht zu identifizierende Außen zu stellen. Fernab eines "Anything goes" fügt die Britin auch und vor allem auf "A creature I don't know" all den alten Klassikern einfach immer neue hinzu.
Das ist mal psychedelischer, mal countryesker, dann wieder von spanischen Gitarren unterfütterter oder leicht kratzender und düsterer Folk der jeweils vertrauteren Schule - jedoch gegossen in hervorragende Lieder, die weder alte Formeln neu aufbereiten, noch sonstwie aufgehübscht werden, sondern einfach ihre eigene Präsenz zelebrieren. Selbst wenn ein Song wie "I was just a card" mit seinen New-Orleans-Trauer-Bläsern und Geigen den Instrumentenpark ordentlich leerfegt, beginnt Marling doch zunächst bei ihrer Stimme und Gitarre, um dann zu sehen, wo all das noch hinführen könnte. Auch "Sophia" befreit sich erst ganz langsam aus seinem zurückgenommen Geigenjammer und entpuppt sich schließlich als flockiger Country-Radiopop. Mit viel zu langem Intro, um hier auch nur irgendwelche Lorbeeren ernten zu können. Und damit eben auch zu smart für die schnelle Nummer.
So geht das weiter: Obwohl Marlings Songs nie ein Blatt vor den Mund nehmen, scheinen sie doch stets selbst genügsam und im Kleinsten eine ebensolche Kraft zu besitzen wie in den großen Gesten. So geschieht es, dass selbst wenn die Grundidee von "My friends" von The Knifes/José González' "Heartbeats" sattsam bekannt ist, es Marling im Traum nicht einfällt, sich darauf auszuruhen. Vielmehr nutzt sie das Riff als Trigger, um ihre Stimme über Banjo-Schwärmen und Hintergrundchören zum Schweben zu bringen. Eine Stimme, die auch brummen und näseln kann, wie beim sich langsam in ein vollmundiges Rumpeln aufbauenden "The beast". Hier singt Marling seltsam distanziert aus der Kulisse gegen Schlagzeug und Neil-Young-Dröhnen aus den Verstärkern an und klingt dabei wie einst Lydia Lunch zu ihren weniger fordernden Zeiten.
"All my rage" schafft es schließlich auch noch, dem ansonsten nur zu gerne auf Blechgeflöte und Kneipentischkanten jeglichen Verstand verlierenden Irish Folk eine gehörige Portion Würde einzuhauchen. Nicht unbedingt, weil hier die Arrangements so lange umgekrempelt werden, bis alles wieder passt (und vor allem sehr viel weniger nervt), sondern weil erneut die Direktheit aus Marlings Stimmbändern das Ruder an sich reißt. Da wird mehrstimmig aus allen möglichen Himmelsrichtung souffliert, bis der Song vor neuen Konzentrationspunkten zu flimmern beginnt. Und doch gilt vor allem: Was Marling nicht hat, das braucht kein anderer. Immer mehr ihr eigenes Original.
Highlights & Tracklist
Highlights
- I was just a card
- The beast
- My friends
- Sophia
Tracklist
- The muse
- I was just a card
- Don't ask me why
- Salinas
- The beast
- Night after night
- My friends
- Rest in the bed
- Sophia
- All my rage
Referenzen
Spotify
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