Rea Garvey - Can't stand the silence
Island / UniversalVÖ: 30.09.2011
Gekonnt, aber nicht gewollt
Der Abschied von Reamonn von der Rockbühne war im Grunde ein Spiegelbild ihrer Existenz. Niemand außerhalb des Fan-Zirkels war traurig, niemand war böse, Jubelarien blieben indes auch aus. Passend dazu wurde das Gerücht um eine wirkliche Auflösung postwendend von der Band dementiert. Wer will schon mit derart schockierenden Nachrichten den Dämmerschlaf der Hörerschaft stören? Hat prima geklappt, denn auch das Dementi sorgte eher für Gleichmut. Man muss schon sagen: Wenn Reizarmut und Schulterzucken an der Börse gehandelt würden, wären Reamonn ein Felsen des DAX, selbst in Krisenzeiten.
Was hingegen in Zeiten der Dementis von Auflösungserscheinungen zu tun ist, dürfte klar sein: Nicht-Ex-Reamonn-Sänger Rea Garvey präsentiert sein erstes Soloalbum, sein alles andere als ehemaliger Gitarrist Uwe Bossert debütiert zeitgleich mit Drahtseilakt. "Can't stand the silence" beginnt nun mit "Take your best shot" im besten Western-Vibe - klischeebeladen, klar, doch in seiner Konzentration auf zwei Gitarren und Garveys Stimme auch überaus konsequent. Da schimmert schon mehr als nur die Idee durch, die Garvey von seinem Sololauf gehabt haben könnte.
Allerdings machen gleich die ersten Takte des folgenden Titeltracks unmissverständlich klar, dass hier doch wieder alles gewollt wird. 1980er-Elektro-Geplucker schiebt jegliche Stringenz aus dem Fokus, der Refrain versucht sich dann urplötzlich an Coldplay-Größe und scheitert wie gewöhnlich alles andere als groß - vor allem aber an einem äußerst aseptischen Sound. Augenscheinlich wird die Radio-Fixierung auch an den Songlängen, die das altehrwürdige Pop-Rock-Format von 3 Minuten 30 im Grunde gar nicht verlassen. Sieht man von dem abschließenden "End of the show" ab, das sich zu einem der stärksten Songs des Albums mausert. Zwischen seinen beiden Buchdeckeln hat "Can't stand the silence" jedoch leider nicht wirklich was zu erzählen - jedenfalls nichts, was eben allerspätestens nach dreieinhalb Minuten bereits absolut totgeritten wäre.
"Hole in my heart" lässt zwischendrin noch mal aufmerken, als schön vorgetragene U2-Ballade, inklusive jubilierendem Ba-ba-ba-Chor-Schlusssatz. Ansonsten aber begleitet Garvey genau das Problem, das auch seine ehemalige Band einfach nicht loslassen wollte. Seine Stimme klingt gut, ihre Produktion jedoch ist ein Graus mit ihrem Fetisch fürs Hyperemphatische und "Bitte, sprechen sie laut und artikulieren sie deutlich". Die Arrangements wollen zugleich viel zu viel Zeitgeist und viel zu altbackenen Unterhemden-Schweiß. Und für echt knackiges Radio braucht es dann eben doch in Riff, Melodie oder auch Beat das eine oder andere wirklich herausstechende Merkmal und weniger Reamonn-typisches Durchschnitts-Können.
So reicht es Songs wie "Sorry days", wenn sie einfach ganz nett vor sich hin dämmern. Noch nicht mal als Rohdiamanten gehen auch der einigermaßen plumpe "Thriller"-Funk von "Save a life" oder "I am" durch - obwohl es Garvey hier in der Tat schafft, seine Stimme als Flügelschlag nach außen zu stellen. Wenn sowohl gut gemachter Pop als auch Rock vor allem Kante beweisen müssen, tummelten sich Reamonn stets zwischen den Ausnahmen der Regel. Genau dort ist jetzt auch Garvey, weit weg von der 9/10. Zu förmlich und zu glatt selbst für die Hassprediger - würde Langeweile an der Börse gehandelt, Garvey ... wäre auch das eher so irgendwie relativ egal.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Take your best shot
- Hole in my heart
- End of the show
Tracklist
- Take your best shot
- Can't stand the silence
- Sorry days
- Colour in me
- Heart of an enemy
- Hole in my heart
- How I used to be
- I am
- My child
- Save a life
- End of the show
Referenzen
Spotify
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