SBTRKT - SBTRKT

Young Turks / XL / Beggars / Indigo
VÖ: 24.06.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Bass erstaunt

Moderne Mythen sind nicht totzukriegen. Die Spinne in der Yucca-Palme, das Krokodil in der Kanalisation, das Haustier in der Mikrowelle - sie alle spuken durchs kollektive Bewusstsein. Besonders populär in Südkorea: die Legende vom "fan death", die besagt, dass ein über Nacht betriebener Ventilator die im selben Raum schlafende Person umbringen kann. Nahrung erhielt diese abenteuerliche These unlängst durch das "Wildfire"-Video von SBTRKT, in dem ein durchdrehender Miefquirl einen verheerenden Zimmersturm entfesselt. Rette sich, wer kann - würde dabei nur nicht so ein verdammt tighter Electro-Track laufen. Sein Urheber: Aaron Jerome, ein Londoner Produzent mit Tribal-Maske als Markenzeichen, bei dem die Kunst des Weglassens Trumpf ist.

Denn als SBTRKT subtrahiert er nicht nur die Vokale aus dem Projektnamen und seine Person aus dem Fokus der Öffentlichkeit, sondern auch jeden überflüssigen Zierat aus einem erstaunlichen Sound, der mit Begriffen wie Dubstep, Drum'n'Bass, UK Garage oder gar R'n'B nur unzureichend beschrieben ist. Vielleicht ist die weitläufigere Bezeichnung Bassmusik gar kein so schlechter Ansatz, wenn die Bodenplatten wummern und das Timbre der Vokalisten vibriert, während die Grooves einen satten Unterbau für funky Andeutungen und Soul-Preziosen bilden. Und klingt "Untrue" vom sich ähnlich anonymisierenden Kollegen Burial laut Pressestimmen, als würde man mit Ghettoblaster an einem Friedhof voller schwarzer Crooner vorbeigehen, wirkt auf "SBTRKT" alles höchst lebendig.

Das liegt vor allem daran, dass pulsierende Electronica, dezente NuJazz-Anleihen und mal federnde, mal diskret zerstückelte Beats den Gästen auf diesem Album nahezu perfekt zuarbeiten. Allen voran dem Londoner Produzenten, Pianisten und Sänger Sampha, der die Hälfte der Vocal-Tracks bestreitet und bei "Hold on" eine herrlich deepe Duftmarke setzt. Ein schummrig, aber präzise ausgeleuchtetes Stück elektronischer Soul, zurückhaltend durchklöppelt und träge von einem Synthie-Glühwürmchen umschwirrt. "Wildfire" beschränkt sich anschließend auf simple Rhythmusfigur und spröde knarzende Sequenz, während Yukimi Nagano von Little Dragon psychedelische stimmliche Volten schlägt. Es gibt Leute, die Popstep dazu sagen. Hit wäre einfacher und mindestens genauso zutreffend.

Weitere folgen: "Trials of the past" treibt sich bei den Ragga-Lads herum, zum reduzierten Electro-Pop von "Right thing to do" schmeichelt sich Sängerin Jessie Ware ins Vergnügungszentrum, und "Pharaohs" erhöht die Schlagzahl für einen flirrenden Garage-House-Track mit Roses Gabor am Mikro. Puristische Headz werden nach den mehr Haken schlagenden Club-Maxis die Nase rümpfen angesichts dieser verstärkten Eingängigkeit - bis das verbreakt rotierende "Ready set loop" und die perkussive Echokammer "Go bang" gegen Ende eine Art Aphex Twin minus Fratze aus der Schublade holen. Und so lächelt SBTRKT hinter seiner Maske versonnen in sich hinein: Nun hat er auch die letzten Schäfchen eingesammelt. Mit einem durchgängig großartigen Album.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hold on
  • Wildfire
  • Trials of the past
  • Pharaohs

Tracklist

  1. Heatwave
  2. Hold on
  3. Wildfire
  4. Sanctuary
  5. Trials of the past
  6. Right thing to do
  7. Something goes right
  8. Pharaohs
  9. Ready set loop
  10. Never never
  11. Go bang
Gesamtspielzeit: 40:35 min

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