Junior Boys - It's all true

Domino / GoodToGo
VÖ: 01.07.2011
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Im Nachtdunkel

Natürlich ist es schade, doch manchmal muss man der Wahrheit eben ins nervös zuckende Auge blicken: Die letzten beiden Platten der Junior Boys markierten einen Abwärtstrend. So war "Begone dull care" mit kleinen Ausnahmen eine recht seelenlose Platte, die nie so richtig aus den Startlöchern kam, und auch "So this is goodbye" war zuvor nicht viel besser. Indietronica-Freunde durften also durchaus betrübt sein, schließlich waren Jeremy Greenspan und Matt Didemus 2004 mit Pauken, Trompeten und dem gefeierten Debüt "Last exit" gestartet. Ihr mittlerweile viertes Album weist zwar großartige Momente auf, doch frenetischen Jubel werden auch die neun neuen Stücke wohl kaum auslösen.

Denn das Genre, in dem sich Junior Boys einst so quirlig behaupteten und dem auch selbst etwas neues Leben einhauchten, ist mittlerweile bloßer Mainstream: Der Bastard aus Indie und Electronica ist so massentauglich wie nie zuvor und spätestens seit Owl City in den Handylautsprechern landein, landaus angekommen. Immerhin erweisen sich die beiden Kanadier auf "It's all true" als zu klug und frisch im Kopf, als dass sie allzu offensichtlich klingen würden. Wobei die Melodien kokett tänzeln und flirren, surren und behände knuspern, während sich eine sanfte Stimme über den Soundteppich legt.

Richtig gut gelingt diese Symbiose beim tanzbaren Opener "Itchy fingers", der sich redlich bemüht, den Hörer gezielt zu verführen. Das folgende "Playtime" nimmt das Tempo deutlich raus, schleicht sich wie eine schwarze Katze im Nachtdunkel durch enge Gemäuer, hin und wieder blitzen die leuchtenden Augen auf. Und mit der Uptempo-Nummer "You'll improve me", die sich auch auf dem Metronomys "The English riviera" gut gemacht hätte, sowie dem funkig-frischen "A truly happy ending" gelingen Junior Boys zwei weitere Zuckerstückchen.

Leider verlassen Didemus und Greenspan auf der zweiten Albumhälfte den eingeschlagenen Weg. Mit Ausnahme des passablen "Second chance" frönen die Kanadier hier langatmigem Minimal und etwas nichtssagenden "Shake-it-off"-Parolen. Das abschließende "Banana ripple" braucht neun Minuten, wo viereinhalb gereicht hätten. Stattdessen blasen die beiden einen Song künstlich auf, ohne die Brillanz von LCD Soundsystem zu erreichen, die im Grunde das gleiche machen, denen aber nicht wie hier die Spannung abhandenkommt. So bleibt "It's all true" ein schickes, aber etwas indifferentes Album. Immerhin ist der Abwärtstrend gestoppt. Nun darf es gerne wieder aufwärtsgehen. Einverstanden?

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Itchy fingers
  • A truly happy ending
  • Second chance

Tracklist

  1. Itchy fingers
  2. Playtime
  3. You'll improve me
  4. A truly happy ending
  5. The reservoir
  6. Second chance
  7. Kick the can
  8. Ep
  9. Banana ripple
Gesamtspielzeit: 51:31 min

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