Brian Eno - Drums between the bells

Warp / Rough Trade
VÖ: 01.07.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Im Welttraum

Die Zeiten von Federboa, Plateauschuhen und Glitzerhütchen sind gezählt. Es ist kein Geheimnis: Brian Eno ist seriös geworden. Entrückung aber ist wohl mehr als eine jugendliche Phase. Bei Eno hat sie Prinzip - zu großer Freude aller Mitentrückten und Sympathiesanten. Nach seinem traumwandlerischen Debut "Small craft on a milk sea" auf dem neuen Heimatlabel Warp im vergangenen Jahr, setzen sich die Kooperationen fort. David Byrne, John Hopkins und nun der Dichter Rick Holland. Von dem stammen nämlich die ätherischen Wörter zum hochästhetischen Klangkonzept. Während der Fluss an Gemeinschaftsprojekten jedoch nie abzureißen scheint, hat Eno ganz still und heimlich Warp-Studies betrieben und klingt nunmehr nach düsterem Orbit mit aggressiven Beats.

"Glitch", die vorab veröffentlichte Single, lässt daran keinen Zweifel. Rick Hollands Stimme referiert monoton, mehr Cyborg als Mensch: "There is a glitch in the system / Outside the brain flow / The only joy there is, is onward search through the darkness." Indessen stößt sich der Track nervös von einem Meteoriten zum anderen, nimmt Geschwindigkeit auf und macht Lust auf den Rest von "Drums between the bells". Dann hängt das Raumschiff plötzlich im luftleeren Raum."Dreambirds" kontrastiert so stark zu den beiden vorangegangenen Stücken, dass man meinen könnte: Ah, vergessenen zu tanken. Das ist aber gar nicht so schlecht, denn so bleibt etwas Zeit, um gemächlich durch das schwarze Unbekannte zu reisen. Die vertraute enoeske Entschleunigung. Sie währt gute zehn Minuten, bevor es unheimlich wird.

Als Ambient-Pionier mit Vorliebe für F-Musik, ist die Dramaturgie des Albums nur konsequent. Beschreibt der Beginn eine kopflose Fahrt in ein eigenartiges Universum mit anschließendem Tuckern, lauert (und so würde es in jedem "Screenplay for Dummies" stehen) bald das fünfköpfige Monster. Das kommt dann auch in Form von Rick Holland und "Fierce aisles of light", verhext den Hörer mit psychotischen Mantras und verschwindet dann wieder hinter einem riesigen Monolithen aus Granit. Später gerät "Sounds alien" in ein wildes Gravitationsfeld, in dem brachiale E-Gitarren und Funk hitzig um die kleine Reisekapsel der Crew kämpfen. Mit "Silcence" erlaubt diese sich dann noch einen kleinen Kniff, indem einfach mal gar nichts passiert. Der Moment, in dem individuelle Hörlandschaft auf Konzeptalbum stößt - keine Neuerfindung, aber trotzdem angenehm.

So plätschert die Reise von Etappe zu Etappe, lässt den Hörer staunen und vergessen. Dies ist keine Musik zum "Mal eben Reinhören". Man muss sich einlassen, um zu gewinnen, Zeit nehmen, um zu verstehen. Brian Eno hören heißt noch immer schweben, auch wenn nie so ganz klar ist, wohin eigentlich. Nur passiert es auf "Drums between the bells" rasanter, die Turbulenzen sind stärker, und man meint eine omnipräsente Bedrohung im Nacken zu spüren. Die Reise in das Land des Warp geht weiter, glitzerfrei.

(Carolin Weidner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Glitch
  • Cloud 4

Tracklist

  1. Bless this space
  2. Glitch
  3. Dreambirds
  4. Pour it out
  5. Seedpods
  6. The real
  7. The airman
  8. Fierce aisles of light
  9. As if your eyes were partly closed
  10. A title
  11. Sounds alien
  12. Dow
  13. Multimedia
  14. Cloud 4
  15. Silence
  16. Breath of crows
Gesamtspielzeit: 51:00 min

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Brian Eno 2011

2011-09-21 02:12:30

Echt ein richtig gutes Album....Glitch ist richtig gut!

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