Bodi Bill - What?

Sinnbus / Rough Trade
VÖ: 18.03.2011
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Bis zur Unkenntlichkeit und noch viel weiter

Neue Grenzgebiete auszuloten, ist seit Jahren das erklärte Ziel des Laptop-Trios Bodi Bill aus Berlin. Nun ist der Begriff Grenzgebiet recht schwammig, und man fragt sich, was die drei Herren wohl damit meinen? Etwa ein besonderes Computerprogramm mit bisher unbekannten Instrumenten in der Toolliste? Oder vielleicht Feldstudien auf dem Mars? Wenn der Titel ihres neuen Albums "What?" hingegen nicht allein Namenszwilling von Roman Polanskis Komödie aus dem Jahre 1972 sein sollte, ergäbe sich die etwas überambitionierte Aussage bezüglich der territorialen Neuerschließung wohl von selbst. Schließlich bleibt Polanski selbst seit geraumer Zeit lieber außerhalb diverser Grenzen.

Bodi Bills Fanbase sitzt nun zu großen Teilen in den Wohnzimmern der Hauptstadt und freut sich über ihre drei Burschen aus Ostberlin. Dennoch gab es neben den ersten beiden Alben "No more wars" und "Next time" auch bereits einen für internationales Publikum zusammengestellten Silberling mit der aussagekräftigen Botschaft "Two in one". Und auch sonst: Neue Hörmuscheln außerhalb des eigenen Habitats wollen nicht nur, sondern sollen auch erschlossen werden, und sei es nur, damit die Tagesspiegel-Schlagzeile rund um den Folk-Elektro-Durchbruch aus dem letzten Jahr auch haltbar ist. Ein pathologisches Understatement ist entsprechend nicht erkennbar.

Was sich nun jedoch auf "What?" wiederfindet, ist bestenfalls ein Globuli Avantgarde, nichts mit Rotem Planeten oder Eroberungen anderer Art. Denn alles übereinanderzulegen, was man so kennt, bedeutet im Falle von "What?" zwar, dass Bodi Bill durchaus im Umgang mit vielen verschiedenen Stilen geübt sind - Innovations-Garant ist dies jedoch nicht. Auffälligkeiten gibt es aber trotzdem. Gemeint ist die Mischung, an die sich Alex Ammon, Fabian Fenk und Anton Feist wagen: Zackiger Elektropop trifft auf eine betont gefühlvolle, bisweilen sogar soulige Stimme a lá Damien Rice, die sich zwischen allerhand Rhythmus- und Instrumentengewitter beweisen muss und dabei ein wenig ins Haken gerät. Allerdings helfen Background-Sängerinnen teils aus der Umklammerung. In "Sea foam" meint man kurz über den Wellchen ein windiges Stöhnen zu vernehmen. Ganz anders bei "Hotel". Hier schleicht sich kein Summen aus dem Hintergrund bedächtig gen Bühne - ziemlich tough kommt plötzlich Josephin Thomas um die Ecke geschossen und gibt eine wenige Sekunden andauernde Perfomance, die doch recht stark an Fever Ray erinnert. "A knife is still a knife", verrät Fabian Fenk in selbigem Stück, aber das hat sicher nichts mit Josephin zu tun.

Die ruhigeren Bestandteile von "What?" bekommen durch ihren Verzicht auf einige Instrumente hingegen einen schönen Vibe. "Garden dress" beispielsweise beginnt mit einer Melodie, die auch von Portishead stammen könnte und sich angenehm zieht, ohne fünf verschiedene Taktwechsel und zwölf eingeschobene Samples integrieren zu müssen. Ansonsten aber gibt es auf "What?" vor allem eines: Viel, beziehungsweise zu viel. Zu viel Zeug in einem Song. Und das ist ärgerlich, denn eigentlich hört man ja eine ganze Menge Ansätze, von denen jeder für sich es wert wäre, verfolgt zu werden. Im Hidden Track etwa kommen Bodi Bill ganz ohne Stimme aus und fetzen einfach ein paar Minuten durch ihre Musikprogramme. Das klingt nach aufrichtigem Spaß - am Entgrenzen ebenso wie am Begrenzen.

(Carolin Weidner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Brand new Carpet
  • Garden Dress

Tracklist

  1. Paper
  2. Brand new carpet
  3. Pyramiding
  4. What
  5. Garden dress
  6. The net
  7. And patience
  8. Hotel
  9. Sea foam
  10. Friends
Gesamtspielzeit: 50:00 min

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