Killerpilze - Ein bisschen Zeitgeist

Südpol / Rough Trade
VÖ: 11.03.2011
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Lieber peinlich als authentisch

Kaum ein Begriff in der heutigen Musiklandschaft erscheint so abgegriffen und hilflos wie "Authentizität". In einem Geschäft, in dem Inszenierung zu den Kardinaltugenden gehört, kann trotzdem kaum einer davon lassen: Wer nicht authentisch textet, performt und musiziert, ist verlogen, flach oder gar eine Marionette der Industrie. Vorwürfe mischen sich mit leisem Mitleid. Erstaunlicherweise sind es derzeit vor allem Popmusiker, die die Idiotie des Authentischen durch das Spiel mit dem Trend auf der Metaebene intellektuell zu brechen wissen: Lady Gaga oder Madonna scheinen die Erosion von Echtheit und Inszenierung weit klüger reflektieren zu können als tausende von Lifestyle-Ideologen zwischen Hardcore-Punk und Metal. Gerade hier, in den alternativen Jugendzentren wird mit einigem Dogmatismus die "Echtheit" von Gefühl und Komposition vorgeschrieben. Und Filigranität, Virtuosität, Ironie und Distanz sind demnach lediglich Anzeichen des Verfalls "echter" Musik.

Wer - außer eben den Millionen Heranwachsenden - will z.B. eigentlich wissen, was 15-Jährige Mittelstufenschüler aus Magdeburg über Regengüsse auf dem indischen Subkontinent zu sagen haben? Oder auch umgekehrt: Wie peinlich ist es eigentlich, dass Rage Against The Machine noch immer mit “Killing in the name of“ bei Rock am Ring die große Systemkritik verramschen? Dennoch sind es vor allem Bands wie die Killerpilze, die immer wieder dem Authentizitätsschwinger ausweichen müssen. Nun ist es überaus zweifelhaft, ob ein schlechter Song dadurch besser würde, dass er wirklich von Herzen kommt: "Hey Du da draußen, hör kurz zu / Denn mir hier drinnen geht's nicht gut / Wie ein Betrunkener vorm Entzug / Lieg' ich ganz unten und verfluch's", heißt es da in einer der miesesten Melodien des Jahres. Ist das authentisch? Wen interessiert's? Es ist einfach scheiße.

Apropos: "Es ist mir scheißegal, wie Du darüber denkst / Es ist mir scheißegal, was Du denkst." "Alles kaputt" soll zur großen Abrechnung der Killerpilze mit dem Übel dieser Welt werden. Und da gibt es so einiges: schlechte Ironie, Arschgeweih und Trendtattoo, Nasepopeln, Ministranten-Sex und Nazitum. Scharfsinn sieht anders aus. Die Killerpilze packen ihre Version des Zeitgeistes mit späten Gewaltfantasien und erstem Rausch ans Ende der Platte. Just so, als ob es nichts weiter zu sagen gäbe. Wer Gesellschaftskritik üben will, indem er Schach in einem Atemzug mit priesterlichem Missbrauch verurteilt, hat entweder einen Ghostwriter dringend nötig oder einen dramatisch unterschätzten Sinn für Ironie.

Dabei sind es auf "Ein bisschen Zeitgeist" gerade jene Momente, in denen die Killerpilze wenig auf ihre eigene Ernsthaftigkeit geben, die überzeugen und den Eindruck hinterlassen, da könnte bald mal eine überdurchschnittliche Platte draus werden. Die trashig-charmanten Fanta-4-Raps in "Boom", die Dance-Interludes in "Jubel und Staub" und die Pop-Punk-Kurzweil des Tracks "Komm komm.com" z.B. gelingen durchaus mit einem Augenzwinkern. Auch mag mancher überrascht sein, wie tight die Killerpilze klingen - zumindest auf Konserve. Feuilletonlieblinge werden sie damit zwar immer noch nicht, aber mit "Ein bisschen Zeitgeist" sind die Killerpilze besser als ihr Ruf. Immerhin.

(Nicklas Baschek)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Boom
  • Komm Komm.Com

Tracklist

  1. Boom
  2. Wenn Blicke treffen
  3. Jubel und Staub
  4. Komm komm.com
  5. Marie
  6. Albtrauma
  7. So weit so gut
  8. Zeitgeist
  9. Schicksalsscheiß
  10. Morgenland
  11. 97 Tage
  12. Alles kaputt
Gesamtspielzeit: 45:15 min

Im Forum kommentieren

@@ KP Family

2012-08-10 13:06:11

Verpiss dich du schwuler Wichser. Raus aus meinem Forum!

@ KP Family

2012-08-10 11:32:08

Manno der Grund für die mieserable Rezi ist der ach soooo "schlechten" Text.

1. Sind die Texte gut, man muss sie halt nur verstehen, aber für solche Intelligenzallergiker (:D) wie ihr es seid haben die Pilze extra "Track by Track"-Videos online versteht. Praktisch nicht?!
http://www.youtube.com/watch?v=HKfCT74Wq44
2. kann man die Texte nicht mit Bands wie die toten Hosen oder den Ärzten vergleichen, die sind einfach schon älter und behandeln halt andere Themen in ihren Songs. Die Songtexte sind ANDERS, aber nicht schlechter...
3. sind manche Songtexte wie zB Drei nicht unbedingt ernst zu nehmen, dass sind eben Fun-Punk-Songs. Sowas machen doch die Ärzte zT auch...

und musikalisch sind ihre Songs sowieso perfekt, vor allem live... Der Song KOMM KOMM.COM erinnert mich z.B. etwas an Kraftclub. Soll aber nicht heißen, dass es geklaut wäre =)

Und jetzt spammt bitte nicht wieder den Thread zu. Man kann seine Meinung auch niveauvoller ausdrücken, habe ich soeben vorgemacht.

2012-08-10 10:40:40

bazipapa

2012-08-07 21:13:27

Eher Fagott und Humus.

bazi

2012-08-07 21:12:48

— Ulrich Hoeneß, Fußballgott & Humanist

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