Asian Dub Foundation - A history of now

Cooking Vinyl / Indigo
VÖ: 11.02.2011
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Handtuch für die Welt

Eine Errungenschaft des Internetzeitalters: Geschichtsschreibung per Live-Ticker. Man kann zusehen, wie Börsenmärkte zusammenbrechen, entgeisterten Bankern die Gesichtszüge entgleisen oder die Demokratie per Volksaufstand Einzug in totalitäre Staatssysteme hält. Für Asian Dub Foundation ist es vermutlich ein Jammer, dass Ägypten jetzt erst aufbegehrte: Der Zeitpunkt von Husni Mubaraks Rücktritt fiel nämlich exakt auf das Releasedatum ihres siebten Studioalbums, das nun ohne dieses Thema auskommen muss. Wobei das britische Kollektiv natürlich flugs mit Facebook-Postings und Twitter-Feeds nachwürzte. Ein anschaulicheres Beispiel für eine "history of now" kann man sich schließlich kaum denken.

Und so geht dieses Album wieder einmal aufs Ganze: Finanzkrise, Globalisierung, schmerzfreie Militärdiktaturen - Asian Dub Foundation steigen mit der ganzen Welt in den Ring. Und werfen sicher nicht vorzeitig das Handtuch. Sondern bomben lieber mit Versatzstücken aus Breakbeat und Drum'n'Bass, harten Gitarrenschlägen und kämpferischen Parolen um sich. Sirenen heulen, Tablas und Percussions rütteln die Songs durch, Rap und Toasting haben oft Mühe, mit dem überfallartigen Tempo Schritt zu halten. "Urgency frequency" feuert mit flammendem Refrain und rasant vorwärts polternden Rhythmen aus allen Rohren, "Where's all the money gone?" haut dem wirtschaftlichen Ruin dicke Punk-Riffs um die Ohren und droht nicht nur die Bank von England in die Luft zu jagen.

Wenn es der Titelsong dann etwas weniger rasant angehen lässt, setzt es trotzdem eindrucksvoll schmatzende Beats und Breaks, zwischen denen auch Bollywood-Streicher und exotische Urflöten wie Warnsignale wirken. Auch den immer gläserner werdenden Menschen 2.0 betrachten Asian Dub Foundation zusehends mit Argwohn: "You'll never download me." Dennoch: Angesichts der Macht viraler Online-Kampagnen für unterdrückte Völker, frei zugänglicher Information und vor allem so viel dröhnender Dance-Party, knirschigen Punkrock-Appeals und unermüdlichen Kommentars zur misslichen globalen Lage scheint die nächste Revolution nur eine Frage der Zeit. Tanzt kaputt, was Euch kaputtmacht.

Bei allem unbeirrten Festhalten am guten alten Crossover und trotz jeder Menge Power und imposant bratzender Produktion bietet dieses Album letztendlich aber kaum neue Erkenntnisse. Immerhin eine gibt es gegen Ende doch noch: "This land is not for sale" beginnt zwar mit einem halbgaren Latino-Intro, steigert sich aber schnell zu einem feuerspeienden Tumult, bei dem teufelnder weiblicher Leadgesang gegen die staatlich sanktionierte Landenteignung bei mexikanischen Farmern anschreit - und stünde plötzlich M.I.A. mit abgesägter Holzfällergitarre vor der Tür, würde einen das nicht weiter wundern. Zwar wird die Welt davon wahrscheinlich nicht besser - aber das können ausnahmsweise andere beklagen. Denn Asian Dub Foundation haben ihr Soll mit "A history of now" erneut bereits übererfüllt.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Urgency frequency
  • A history of now
  • This land is not for sale

Tracklist

  1. A new London Eye
  2. Urgency frequency
  3. London to Shanghai
  4. A history of now
  5. Spirit in the machine
  6. Where's all the money gone?
  7. In another life
  8. Power of 10
  9. Futureproof
  10. This land is not for sale
  11. Temple siren
Gesamtspielzeit: 50:06 min

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