
Social Distortion - Hard times and nursery rhymes
Epitaph / IndigoVÖ: 14.01.2011
Die Hosen an
Bakersfield liegt mitten in Kalifornien, genauer gesagt auf halbem Weg zwischen Los Angeles und Fresno. In musikalischer Hinsicht machte die kleine Metropole im San Joaquin Valley bisher vor allem als Heimatstadt von Schürzenträger Jonathan Davis und seinen Mitstreitern von Korn auf sich aufmerksam. Hinzu kamen in früheren Jahrzehnten zahlreiche gute Country-Musiker, die Bakersfield neben Nashville und Texas zur amerikanischen Nummer drei unter den Cowboyhut-Hauptquartieren machten. Ob Mike Ness jemals eine solche Kopfbedeckung getragen hat, ist nicht bekannt, steht aber zu vermuten. Vor allem, wenn er Zeilen wie "Stranded here in Bakersfield / So close yet so far far away / Won't you come see me in Bakersfield / You're a million miles away" zum Besten gibt. Rührseliger geht's kaum. Und wer hätte gedacht, dass das Sechseinhalbminuten-Epos "Bakersfield" vielleicht das meistdiskutierte Stück auf "Hard times and nursery rhymes" werden würde?
Dabei ist die Frage, ob Social Distortion nach nunmehr dreißig Jahren endgültig mit dem Punkrock aufgehört haben, eigentlich überflüssig. Selbst wenn Mike Ness eine Harfe hervorkramen und einen gregorianischen Choral anstimmen würde, wäre das Ergebnis vermutlich immer noch mehr Punk als das, was viele Jungspunde heutzutage fabrizieren. Ohne Harfe und Gesang gelingt ein instrumentaler Einstieg nach Maß. "Road zombie" mimt den knackigen, von Gitarren getriebenen und leicht hypnotisch wirkenden Opener, dem eine unmittelbar folgende Dampfwalze durchaus gut zu Gesicht gestanden hätte. Was allerdings folgt, ist das furztrockene "California (Hustle and flow)". Okay, kann man auch bringen. Ein Song zum Cruisen. Cabrio, Sonne und so. Wer noch kein Fernweh und Freiheitsdrang hatte, bekommt hier die Vollbedienung. Americana anyone?
Schnell ist klar, wohin der mittlerweile 48jährige Mike Ness will: Wer für Stagediving zu alt und für die Rente zu jung ist, tut sich den Blues an. Mal emotionaler und bedächtiger wie bei "Diamond in the rough", mal knackiger und griffiger wie im Falle von "Gimme the sweet and lowdown". Dass die alten Trademarks in Form einer rauchig-markanten Stimme, einer amtlichen Riffarbeit und einer brauchbaren Melodie nach wie vor vorhanden sind, dürfte klar sein. Dabei stehen die Herrschaften mittlerweile bei Songs wie "Machine gun blues", "Alone and forsaken", "Still alive" oder dem groovigen "Can't take it with you" eben breitbeiniger auf der Bühne, als es beim countrylastigen "Far side of nowhere", beim nachdenklichen "Writing on the wall" oder eben "Bakersfield" der Fall ist. Alles kann, nichts muss. Und solange Mike Ness noch Hosen trägt, ist eh alles in Ordnung.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Gimme the sweet and lowdown
- Machine gun blues
- Alone and forsaken
Tracklist
- Road zombie
- California (Hustle and flow)
- Gimme the sweet and lowdown
- Diamond in the rough
- Machine gun blues
- Bakersfield
- Far side of nowhere
- Alone and forsaken
- Writing on the wall
- Can't take it with you
- Still alive
Im Forum kommentieren
wes
2011-07-06 22:07:12
@lexxi: White Light ist nicht ihre einzig gute Platte, die Anderen sind auch hörenswert. Ihr erstes Album "Mommys Little Monster" ist straight nach vorne spielender Punkrock und richtig klasse. Genauso wie die anderen Alben, nur da sind die Country- und Blueseinflüsse stark herauszuhören und das ist sicherlich nicht jedermanns Sache.
lexxi
2011-06-11 05:52:18
im Endeffekt ist "White Light..." stilistisch gesehen wohl ihre untypischste Platte
und deshalb auch ihre einzig gute Platte.
Wolffather
2011-06-10 22:43:49
sehe ich ähnlich, ich finde das Album ist mit Sicherheit nicht ihr bestes, aber wohl das abwechslungsreichste...
ausserdem - wenn man es ganz genau nimmt - waren schon Prison Bound und die Selbstbetitelte kein wirklicher schneller und harter Punkt mehr, sondern hatten einen sehr starken Mid-Tempo Country-Einschlag... im Endeffekt ist "White Light..." stilistisch gesehen wohl ihre untypischste Platte, die aber komischerweise trotzdem immer als SD Standard betachtet wird...
noise
2011-06-10 22:32:00
Wer auf harten Punkrock steht ist bei Social Distortion mittlerweile falsch aufgehoben. Macht aber nichts. Mit 50 lentzen darf es auch ein Mike Ness ruhiger angehen lassen.
Im übrigen hat er weiterhin ein tolles Gefühl für Melodien. Von seiner einzigartigen Stimme ganz zu schweigen.
Ach, ja, hat zwar etwas bei mir gedauert, aber die neue Scheibe ist gut.
Wolffather
2011-06-10 20:59:34
langsamer != schlechter
mehr Nuancen, mehr Facetten, mehr Gefühl als bei schnellem Runterbrettern der Songs...
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