The Eighties Matchbox B-Line Disaster - Blood & fire

Cooperative / Universal
VÖ: 14.01.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Das britische Kettensägenmassaker

Es ist nicht immer angenehm, alte Bekannte wiederzusehen. Was soll man schon auf dem Mittelstufen-Klassentreffen zu dem Heini sagen, der einem immer den Müsliriegel aus der Pausenbrotbox geklaut hat? Was ist die richtige Antwort auf die Frage "Und, was machst du so?", gestellt von Chefarzt Dr. XYZ aus dem eigenen Abiturjahrgang, wenn man ihn man zehn Jahre später in der Heimatstadt auf der Straße wiedertrifft, obwohl man doch nur seine Eltern besuchen wollte? Und wer hat den Horror-Psycho-Rock wieder ausgepackt, nachdem AFI schon vor Jahren zum Emo konvertierten und sogar My Chemical Romance mittlerweile lieber knallbunt als schwarz tragen?

Es sind natürlich alte Bekannte. The Eighties Matchbox B-Line Disaster haben ihr letztes Album veröffentlicht, als der Hintergrund auf dieser Seite noch dunkelblau war und die Welt noch nicht einmal eine leise Ahnung davon hatte, was Pilzrahmsuppe eigentlich ist. Das eine oder andere Lebenszeichen von der Band gab es zwar zwischenzeitlich, aber für eine Platte haben sich die Briten trotzdem sechs Jahre Zeit gelassen. Man könnte jetzt vermuten, "Blood & fire" müsste deswegen besonders ausgefeilt sein - oder gar befürchten, dass die Band den Weg alles Irdischen gegangen ist und sich mittlerweile an Altherrenrock versucht. Und man kann damit ganz furchtbar danebenliegen.

Das einleitende "Love turns to hate" scheint die Erwartungen mit Totengräberstimme und psychotischen Chören noch ganz gut zu befriedigen, bevor "Mission from God" den Dead Kennedys einen gut platzierten Kinnhaken verpasst. Mit der tiefschwarzen Mitternachtsballade "So long good night" tritt die Band dann die Flucht an und rastet in der Folge Stück für Stück komplett aus. Die Songs werden kürzer, Psycho- und Rockabilly verschwinden hinter stachelbesetzten Gitarrenwänden oder werden von entstellten Rhythmen niedergetrampelt. Es heult an allen Ecken und Enden. Die Stimmung ist nach wie vor gruselig, aber statt unterschwelligem Horror setzt es das akustische Äquivalent zu einem Slasher-Film.

"Riptin" beginnt noch halbwegs subtil, packt aber im Mittelteil die schon vorsorglich mit Blut geölte Kettensäge aus. Unförmige Schreiattacken, penetrante Ein-Akkord-Riffs und eimerweise Höllenlärm lassen eine Frage wieder auftauchen, die wir uns schon beim Debüt "Hörse of the dög" gestellt haben: Wer soll so etwas hören? Erst im Schlussdrittel lockert die Band ihren eisernen Griff, wenn in "Homemade" und "Never be the same" ganz langsam und vorsichtig der Blues Einzug hält und ein fahler Streifen graues Morgenlicht am Horizont auftaucht, der uns daran erinnert, dass man wenigstens einen alten Bekannten immer wieder gerne sieht. Den gelben Ball nämlich, der zuverlässig nach jeder noch schwarzen Nacht wieder am Himmel auftaucht und fragt: "Are you living"? Antwort nach diesem Album: Mehr oder weniger.

(Maik Maerten)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Love turns to hate
  • Riptin
  • Never be the same

Tracklist

  1. Love turns to hate
  2. Mission from God
  3. So long good night
  4. Under my chin
  5. Riptin
  6. Monsieur Cutts
  7. I hate the blues
  8. Man for all seasons
  9. Don't ask me to love you
  10. Homemade
  11. Never be the same
  12. Are you living
Gesamtspielzeit: 37:36 min

Im Forum kommentieren

MasterOfDisaster69

2011-01-18 16:43:05

Wat? Erst das 2.Posting zu diesem Ganz Grossem Album ?
Diese Band gehoert zu den am meisten unterschaetzten Bands ueberhaupt. Leider. Und zu Hrn.Maerten's Kritik: Mach den Kids doch nicht solch eine Angst von wegen Schreiattacken und Hoellenlaerm! Is halb so schlimm und ab und zu so richtig mal Abschreien tut gut. Sicher ist das keine Mucke fuer's Sonntagnachmittagpetting mit der neuen Freudin im heimischen Kinderzimmer. Und wahrscheinlich auch eher deplaziert hier, wenn man sich die Warmduscher-Jahrespoll-Ergebnisse hier so anguckt. Ich sag nur "Arcade Fire" und schuettel mit dem Kopf, sowas von langweilig, vor allem live. Eighties Matchbox kicken ass, auf Platte und live eh! Eine Mischung aus den besten Zutaten: The Damned, The Cramps und Queens Of The Stone Age zu Nick-Oliveri-Zeiten !
Verdammt, dat muss doch jemanden interessieren !
Aber wahrscheinlich hat Danko Jones einfach nur Recht: "The Kids Don't Want To Rock"

Walenta

2010-06-09 11:41:30

So, endlich - nach gerade einmal fast 6 Jahresn Wartezeit - ist Album Nummer 3 erschienen.

Eine derartig atemlose Granate wie "Hörse of the Dög" ists wieder nicht geworden - allerdings schafft man mit "Blood & Fire", was die Band wohl bei "The Royal Society" im Sinn (und auf Albumlänge leider so gar nicht hinbekommen) hatte: Den Fuß auch mal vom Gaspedal zu nehmen, mehr Richtung Psychedelic Rock zu gehen als noch mehr Hardcore abzudriften.....
Für mich leider schade, finde ich die Entwicklung der Band ja nicht so toll - ein gutes Album ists aber selbst für mein Empfinden geworden. Wird sich im persönlichen Discographie-Ranking wohl vor "The Royal Society" breit machen - mit immensem Abstand nach "Hörse of the Dög"....

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