Alphaville - Catching rays on giant

Polydor / Universal
VÖ: 19.11.2010
Unsere Bewertung: 2/10
2/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Weiß der Geier

Die Achtziger, unendliche Weiten. Ein Münsteraner Synthpop-Trio namens Alphaville veröffentlicht eine Single namens "Big in Japan" und wird tatsächlich big. Nicht nur in Japan, sondern kreuz und quer über den Globus dudelt die Hymne aus den Radios, und wenig später legt der Dreier mit "Sounds like a melody" und "Forever young" zwei ebenso nachhaltige Großtaten des Plastikpop nach. Marian Gold jubiliert zu an der Welt zweifelnden Arrangements, und die Band stapft durch quietschbunte Kulissen. Mit großen Gesten ist schließlich mächtig Eindruck zu schinden. Schöne alte Welt.

Alphaville hatten ihren Ruf als als Synthpop-Pioniere weg, den sie auch dann nicht loswurden, als ambitionierte Alben wie "Afternoons in Utopia" oder "The breathtaking blue" den einstigen Erfolg nur noch von weitem sahen. Nach Exkursen in Anspruch und Experiment verstieg sich Gold 2001 sogar zu der Aussage, dass Alphaville dem Pop für alle Zeit entsagt hätten. Für die Nuller listet der Wikipedia-Eintrag der Band denn auch stolz eine Handvoll Konzerte irgendwo im amerikanischen Nichts auf. Big in Utah. Wow! Doch auch Alphaville konnten dem Schicksal nicht entgehen, das die Pop-Größen der Achtziger auf Revival-Touren und in Oliver-Geissen-Shows nötigt. Wer sich aber auf diesen Seelenverkauf einmal eingelassen hat, wird nur vor wenig zurückschrecken. Der viele Jubel, den die alten Nummern immer noch auslösen, macht schließlich nach der langen Zeit der Entbehrungen schnell süchtig.

Dass Gold nun mit runderneuerter Mannschaft mit "Catching rays on giant" das sechste Studioalbum seiner Band veröffentlicht, muss nicht zwingend verwerflich sein. Wenn sich aber bereits das aufgedonnerte Zwitschern des eröffnenden "Song for no one" mit Sektlaune und halbgarem Pathos einer vorgestrigen Clubkultur anbiedert, ist der Schrecken groß. Die existentialistische Melancholie von damals ist nicht mal mehr als Echo zu erkennen. Stattdessen singt ein Männerchor Abzählreime in Moll, und dann wird um die Wette geflötet. Auch "I die for you today" hat nicht viel mehr als knallbunte Todessehnsucht zu bieten und wirft sich dem Formatradio an den Hals. Anstatt das fiese Selbstplagiat zu denunzieren, machen die seelenlosen Playlisten den Song auch noch zum Hit. Scheiß Kalkül.

Das Songdutzend auf "Catching rays on giant" ist ähnlich tiefschürfend konstruiert wie der wirre Albumtitel. Doch Worte sind ohnehin nur Kulisse, weil die pumpenden Bonbon-Beats jeden Zwischenton zukleistern. Ein Bummbumm hier, ein Umzumz dort, und "The things I didn't do" hat sogar ein paar Hupfdohlen dabei, die von Blumen im Regen singen. Das wippende "End of the world" hat viel zu gute Laune, um ernst genommen zu werden. Hier wird schließlich Discofox getanzt, da sucht jede Subtilität das Weite. Und selbst wenn die Ballermann-Beschallung mal Pause hat, können seichte Ballädchen wie "Heaven on Earth" oder "The deep" kaum mehr Gefühl erzeugen. Alles ist taub. Nur der Gehörsinn muss weiter leiden. Denn hinter der nächsten Ecke lauert wieder das Grauen.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Call me down

Tracklist

  1. Song for no one
  2. I die for you today
  3. End of the world
  4. The things I didn't do
  5. Heaven on earth
  6. The deep
  7. Call me
  8. Gravitation breakdown
  9. Carry your flag
  10. Call me down
  11. Phantoms
  12. Miracle healing
Gesamtspielzeit: 51:52 min

Im Forum kommentieren

MichaelDiao

2014-05-28 01:24:08

Gefällt mir auch sehr gut. :)
Ist eben härtere Musik von AV als in den 80ern.
Aber mit so einer tollen Stimme und so guter Musik geht das!

Hätte nur etwas leiser abgemastert werden sollen.

@Threadneedle

2011-01-27 21:04:47

Dann hast du dich evtl. sowieso für ein Forum entschieden, welches deine Erwartungen niemals erfüllen wird.

Threadneedle

2011-01-27 21:02:26

Das kann ich nicht sagen, ich kenne diese belanglosen Combos, die du da erwähnst, auch nicht.

@Threadneedle

2011-01-27 21:01:06

Ich lach mich schlapp.... als wären The National, Amplifier, Fleet Foxes, LCD Soundsystem weniger banal. Wie lächerlich!

Threadneedle

2011-01-27 21:00:02

Die Trolle sind hier ebenso banal und langweilig wie die Band selbst. Da habne sich dann die Richtigen gefunden.

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