Funny Van Dannen - Meine vielleicht besten Lieder ... Live

JKP / Warner
VÖ: 19.11.2010
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Voll normal

Was jetzt kommt, gehört eigentlich nicht hierher. Ein neues Album von Funny Van Dannen, obendrein live. Das ringt einem zunächst einmal nicht mehr als ein müdes Achselzucken ab. Der Mann mit der Gitarre und einem Sack an absurden Geschichten hat seit seinem Debüt "Clubsongs" Mitte der Neunziger wieder und wieder versucht, die Atmosphäre seiner Konzerte auf Platte zu bannen. Dabei gibt es kaum einen Musiker, der gerade auf der Bühne die Zuschauer so zu begeistern weiß wie Van Dannen - und genau an die ist dieses Album auch gerichtet, soll "Meine vielleicht besten Lieder" laut Linernotes dem Konzertgänger doch die leidige Suche nach potenziellen Lieblingstracks auf elf Alben erleichtern. An zwei Abenden in Neukölln wurde das Material für die zwei Stunden eingespielt, die nun gebündelt erscheinen. Und dass so etwas bei Van Dannen nicht zur stumpfen Hitpräsentation verkommt, versteht sich eigentlich von selbst.

Sicher sind Lieder wie "Anita" oder "Saufen" hier mit von der Partie. Doch weder prominent platziert noch irgendwie abgefeiert, weder vom Sänger noch vom Publikum. Die Ohren spitzen sich sowieso bei jedem Song gleich, denn keine der Geschichten soll ungehört bleiben. Textlich ist Van Dannen sowieso einer der talentiertesten Schreiber, der sich je der deutschen Sprache angenommen hat. Er verzichtet auf Manifeste und Popdiskurse zugunsten guter Musik und guter Texte. Songs wie "Vaterland" und "Kapitalismus" verpacken ihre Kritik in klare, aber trotzdem nicht abgestumpfte Worte, doch trotzdem bleiben es die fiesen Alltagsgeschichten von gescheiterten Beziehungen, kaputten Typen und all dem anderen Schrott, der sich so anstaut in den Reihenhäusern dieser Welt, der zu begeistern weiß und einem ein inneres Lächeln abringt. Dass Van Dannen in Interviews gerne betont, Liveauftritte seien ihm gar nicht so wichtig, scheint vergessen, obwohl alles nicht groß anders klingt als auf Platte. "Meine vielleicht besten Lieder" lebt vielleicht am meisten vom Wühlen in Erinnerungen.

Die Aufnahme ist nicht glasklar, aber dem Songmaterial angemessen. Denn Van Dannen, nebenbei auch noch Maler und Schriftsteller, versteht es bei "Hochhaus" und "Okapiposter" nach wie vor, den Irrsinn dieser Welt dicht in seine Texte einzubinden. Alles bleibt voll normal, nichts fällt aus dem Rahmen. Einen miterlebten Konzertabend kann diese Zusammenstellung dann auch nicht ersetzen. Hier herrscht einfach eine andere Atmosphäre, auch wenn das Ganze unbestreitbar Spaß macht und es bei der Auswahl der Lieder nichts zu meckern gibt. Trotzdem fehlt ein letzter Schritt aus dem Programm heraus, der "Meine vielleicht besten Lieder" besonders macht, zumal das erklärte Ziel verfehlt wurde: Am Ende des nächsten Konzerts wird ein Zuschauer auf diesem Album sein Lieblingsstück womöglich nicht finden. Also wohl wirklich nur vielleicht Van Dannens beste Lieder.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Nonne werden
  • Plastikball
  • Menschenverachtende Untergrundmusik
  • Ich in China
  • Vaterland
  • Kapitalismus
  • Okapiposter

Tracklist

  • CD 1
    1. Ich bin nicht mehr jung
    2. Schilddrüsenunterfunktion
    3. Nonne werden
    4. Humankapital
    5. Saharasand
    6. Anita
    7. Arbeitsplatz vernichtet
    8. Lesbische, schwarze Behinderte
    9. Eurythmieschuhe
    10. Posex & Poesie
    11. Homebanking
    12. Als Willy Brandt Bundeskanzler war
    13. Nana Mouskouri
    14. Gwendolyn Kucharski
    15. Plastikball
    16. Saufen
    17. Alles verkauft
    18. Sozialismus
    19. Menschenverachtende Untergrundmusik
    20. Nebelmaschine
  • CD 2
    1. Ich in China
    2. Gutes tun
    3. Freunde der Realität
    4. Integrieren
    5. Vaterland
    6. Las Vegas
    7. Katzenpissepistole
    8. Kapitalismus
    9. Arbeiterkinderdenkmal
    10. Fatalist
    11. Hochhaus
    12. Flache Ratte
    13. Hobbynutte
    14. Rod Weiler
    15. Freundinnen
    16. Mohnkuchen
    17. Herzscheiße
    18. Okapiposter
    19. Urbanhafen
    20. Korkenzieherlocken
    21. Fanclub der Sehnsucht
Gesamtspielzeit: 125:46 min

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