Kid Rock - Cocky

Lava / Atlantic / Warner
VÖ: 10.12.2001
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Klimpern und pimpern

Der Mann hat vielleicht ein Leben! Schlägt Robert James Ritchie alias Kid Rock morgens, vermutlich so gegen halb vier Uhr nachmittags, die Augen auf, fällt sein verschlafener Blick als erstes auf Freundin Pamela Anderson, welche die Nacht mal wieder an und vermutlich zu großen Teilen auch auf seiner Seite des Kingsize-Betts verbracht hat. Wenn Mr. Rock sich schließlich selig lächelnd aus den Federn geschält hat, bahnt er sich als erstes den Weg durch Schampusflaschen, Alkoholleichen und andere Überbleibsel der gestrigen Orgie in eines der Badezimmer seiner Villa. Dort wartet in einer unnötig großen Marmorwanne bereits ein opulentes Schaumbad auf den \"Early morning stoned motherfuckin\' pimp of the goddamn nation\", der nur einmal in die Hände klatschen muß, um eine \"Angestellte des Hauses\" herbeizurufen, die ihm bereitwillig den Rücken schrubbt. Wir Normalsterblichen fragen uns da schon mal, womit der das alles verdient hat, doch plausiblere Antworten als ein achselzuckendes \"Only God knows why\" gibt es wohl nicht.

Wodurch Kid Rock seinen Lebenswandel finanziert, wissen wir jedoch sehr wohl. Seit über zehn Jahren mixt der Mann aus Motor City Detroit nun schon Cocktails aus Rock, Rap und dezentem Country. Von seiner \'98er Mischung \"Devil without a cause\" hat Mr. Bob Ritchie auf der anderen Seite des großen Teichs über 10 Millionen Kopien an das pubertierende Teenagevolk gebracht. Mindestens ebenso verkaufsfördernd wie die Qualität von Stücken wie \"Bawitdaba\" oder \"Cowboy\" war dabei stets Kid Rocks Image, welches ihn als prolligen Patrioten inszeniert, der keineswegs die Weisheit mit Löffeln gefressen hat, dafür das Dosenbier gleich palettenweise vernichtet und außerdem fortwährend mit Four-Letter-Words um sich wirft, die dem peniblen Spießer von nebenan die Schamsröte ins Gesicht treiben. Amerikaner lieben (und kaufen) das.

Und nun steht also das fünfte Kid Rock-Album an, welches gleich mit dem Unvermeidlichen beginnt: \"Trucker anthem\" ist eine Vokal-Kollaboration zwischen Kid und Uncle Kracker, welcher nach dem Erfolg dessen Solo-Sommerschnulze \"Follow me\" nun auch ans Mikro darf. Daß der Song ein gelungener Opener ist, liegt jedoch weniger an ihm, als am Rest der ewigen Begleitband Twisted Brown Trucker, die es hier sehr gut versteht, den Allerwertesten anzuheizen, ohne sich dabei in allzu abgegriffenes Dumpfbackengebolze zu flüchten. Da fallen auch Texte kaum ins Gewicht, die wie aus dem Schimpfwörterbuch abgelesen wirken und nur selten über ungelenke Plumpheiten hinauskommen. Da rotzt man auch schon mal allzu experimentellen Kollegen vor die Füße: \"I got rich off a keepin\' it real / While you radioheads are reinventin\' the wheel / Got critics all trippin\' off I don\'t know what\".

Doch dieser Satz ist nicht zuletzt deshalb eine erstaunliche Aussage, da Ritchie auf \"Cocky\" zwar nicht das Rad, dafür aber sich selbst in Ansätzen neuerfindet. Ehemals metallische Einflüsse weichen größtenteils Country und staubigem Southern-Rock. Gesang und Raps stehen nahezu gleichberechtigt nebeneinander. Eigentlich ein ebenso überraschender wie lobenswerter Ansatz. Wenn aber dann mit Sheryl Crow im unsäglichen \"Picture\" um die Wette geheult wird, wünscht man sich das gute alte Neumetall schneller zurück, als dem Meister ein herzhaftes \"Fuck\" über die Lippen kommt. Daß die Stärken von Kid Rock und seinen Mannen noch immer bei bretternden Gitarren und rotzigen Raps liegen, zeigt postwendend \"I\'m wrong but you ain\'t right\", welches zwar schon lange nicht mehr als originell durchgeht, aber wenigstens knallt. Mindestens so gut wie Pammy.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Trucker anthem
  • I\'m wrong but you ain\'t right

Tracklist

  1. Trucker anthem
  2. Forever
  3. Lay it on me
  4. Cocky
  5. What I learned out on the road
  6. I'm wrong but you ain't right
  7. Lonely road of faith
  8. You never met a motherf**ker quite like me
  9. Picture (feat. Sheryl Crow)
  10. I'm a dog
  11. Midnight train to Memphis
  12. Baby come home
  13. Drunk in the morning
  14. WCSR (feat. Snoop Dogg)
Gesamtspielzeit: 64:21 min

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