Mavis Staples - You are not alone

Anti / Indigo
VÖ: 10.09.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Gute Gaben

O Gott. Jeff Tweedy und Mavis Staples haben ein gemeinsames Album aufgenommen. Das ist ungefähr so, als würde Jack White die Rolling Stones produzieren. Oder Will Oldham mit Johnny Cash singen. So eine Zusammenarbeit muss gelingen. Aus Prinzip. Die Grande Dame des Gospel-Pop hat sich durch die Tiefen der amerikanischen Musikgeschichte gewühlt und elf Songs hervorgekramt. Randy Newman kommt zu Ehren und auch John Fogerty. Tweedy durfte Traditionals bearbeiten und zwei eigene Songs komponieren. Und auch dem seligen Pops Staples wird zugewunken. Die Backingband heißt Wilco. Und der Schirmherr Gott.

Trotzdem groovt "You are not alone" wie die Hölle. Das Schlagzeug sitzt, der Bass läuft und läuft, die Gitarre entlockt sich die vergnüglichsten Licks. Allein auf instrumentaler Ebene funktioniert das Album grandios. Doch steht hier diese eine Stimme im Vordergrund. Diese Stimme, die wie Wind über die Felder weht. Es ist diese Stimme, die man hört, wenn man über staubigen Boden geht, durch flirrende Luft, und die knarrenden Dielen der weißen Holzkirche betritt. Wenn man sich eingereiht hat und mit den Menschen im Takt mit den Fingen schnippt. Der Chor setzt ein, und alle singen lauthals "Hallelujah".

Dennoch ist "You are not alone" kein typisches, reines Gospel-Album. Dafür ist Tweedy viel zu umtriebig und neugierig, auch wenn Staples Soul singt, swingt und sich über den alten R'n'B ihres Vaters hermacht. "Wonderful savior", dieses uralte Volkslied, ist ein solch monströser A-Cappella-Song, den die gesamte stimmliche Wucht von Staples alleine trägt. Das verspielte, luftige "In Christ there is no East or West", der Höhepunkt des Albums, tänzelt sich zum Refrain und fordert zum Mitsingen auf. Tweedy hat auch dieses Traditional arrangiert, und man muss lächeln: Dieses Gespür für Songs ist eine Gabe.

Doch liegt genau hier das Wagnis von "You are not alone": in der stimmgewaltig gepriesenen Gabe, die der Herrgott verteilt hat. Das ist ein Gottesdienst mit vorzüglicher, wundervoller, großartiger Musik. Man kann diese Texte nur schwer ignorieren, man muss sie wahrnehmen, um die ganze Pracht zu begreifen. Tweedy und Staples haben hier ein Gospel-Album aufgenommen, das musikalisch zwar viel mehr ist, textlich aber immer traditionell bleibt. In dem Moment, in dem die ersten Takte der definitiven Hymne von Reverend Gary Davis ertönen, ist diese Kritik jedoch wieder vergessen: "I belong to the band, hallelujah!"

(Christian Preußer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • In Christ there is no East or West
  • I belong to the band

Tracklist

  1. Don't knock
  2. You are not alone
  3. Downward road
  4. In Christ there is no East or West
  5. Creep along Moses
  6. Losing you
  7. I belong to the band
  8. Last train
  9. Only the Lord knows
  10. Wrote a song for everyone
  11. We're gonna make it
  12. Wonderful savior
  13. Too close / On my way to heaven
Gesamtspielzeit: 45:22 min

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