Reamonn - Eleven

Island / Universal
VÖ: 27.08.2010
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Über Druck

Eine Rezension zu Reamonn gehört sicher zu den schwierigsten Aufgaben eines Plattentests.de-Redakteurs. Wenn es um Rea Garvey und seine Radio-Serientäter geht, sind die Erwartungen in unserem Hause nämlich unvorstellbar hoch. Schließlich hat unser kleines, aber feines Magazin dieser Kapelle zwei der spektakulärsten Rezensionen seiner Geschichte zu verdanken. Und jetzt erwartet anlässlich der Best Of "Eleven" natürlich jeder vom verantwortlichen Redakteur, diese Meisterwerke des skurrilen Musikjournalismus noch zu übertreffen. Das meint Oliver Kahn also, wenn er über "Druck" philosophiert. Und da sitzen sie schon, die übrigen Redaktionsmitglieder, und reiben sich mit hämischem Grinsen die Hände. Aber wie heißt es so schön? Nur die Harten kommen in den Garten.

Also den ganzen Mut zusammengenommen und hinein in "Eleven". Los geht die erste Werkschau der badischen Schmusecombo mit drei neuen Songs: "Yesterday", "Colder" und "Let the morning sleep" unterscheiden sich von den übrigen Radiohits der Band bestenfalls durch gelegentliche Synthie-Sprenkler und mithin durch bedenkliche Parallelen zum letzten Stanfour-Album. Sonst ist alles wie immer: Spätestens wenn Garvey nach einer Minute von "Yesterday" die Arme ausbreitet und die Pathoskanone auf Dauerfeuer stellt, trennt sich die Hörer-Spreu vom Weizen. Wer Reamonn noch nie leiden konnte, wird entsetzt aufjaulen, die hartgesottenen Fans dagegen glückselig jauchzen. Melodien für Millionen - darunter machten es Reamonn noch nie.

Das beweist auch der Rest dieser Compilation, die die Prachtstücke aus der Hitschmiede in umgekehrt chronologischer Reihenfolge feilbietet. Das Material ist natürlich meistens genau so peinlich, wie wir es uns immer einreden. "Million miles" und "Strong" sind schlimmster, austauschbarer Kitschrock, "Tonight" ein fieser Anschlag auf die Lagerfeuerromantik, und "Serpentine" und "The only ones" kochen ausgelutschte Schunkel-Arrangements nicht einmal auf Sparflamme auf. So richtig übel wird’s aber, wenn die 2003er Singles "Star" und "Alright" aufzeigen, wie zwanghaft sich Garvey und Konsorten einst von ihrem "Supergirl"-Image distanzieren wollten. Auf textlichem Sechstklässler-Niveau werden in dreieinhalb Minuten sämtliche Klischees der Rockgeschichte durch den Fleischwolf gedreht. Wehe, wenn sie losgelassen.

Man sieht also: Im Grunde ist es ein Leichtes, einen Verriss über die Compilation einer seichten Radiorockband zu schreiben. Das Komplizierte an der Angelegenheit liegt aber darin, dass Reamonn vor allem in ihrer Anfangszeit einige gute Songs veröffentlicht haben, denen immer noch niemand etwas kann. „Supergirl“ mag als Radiohit zwar toter als „Summer of '69“ sein, aber dieses reduzierte Folkrock-Dingsbums schleicht sich eben immer noch gekonnt in den Hörkanal ein. Auch das saftige "Josephine", den simplen Rocksong "Life is a dream" und die atmosphärische Streicherballade "Weep" kann die Band auf der Habenseite verbuchen. Gerade diese frühen Perlen verhindern, dass einem Rea und die vier Schmusezwerge so egal sind, wie man immer dachte, und dieser Gefühlszwiespalt macht Reamonn-Rezensionen so schwierig. Der einzige Trost ist, dass man bei Plattentests.de einen Chef hat, der einen in dieser Hinsicht voll und ganz versteht.

(Mark Read)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Weep
  • Supergirl
  • Josephine

Tracklist

  1. Yesterday
  2. Colder
  3. Let the morning sleep
  4. Through the eyes of a child
  5. Million miles
  6. Moments like this
  7. Aeroplane
  8. Promise (You & me)
  9. Tonight
  10. Serpentine
  11. The only ones
  12. Star
  13. Alright
  14. Strong
  15. Weep
  16. Life is a dream
  17. Supergirl
  18. Josephine
  19. Waiting there for you
Gesamtspielzeit: 79:34 min

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