Herrenmagazin - Das wird alles einmal Dir gehören

Rent A Record Company / Rough Trade
VÖ: 03.09.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Viele Köche

Die Eroberung des Fernsehens durch Kochshows verlief schleichend, doch mittlerweile sind Lafer, Lichter und Co. aus der TV-Landschaft nicht mehr wegzudenken. Allerorten ist die Rede von Balsamico-Reduktionen, Minzschäumchen und Kravettenspießen. Deutschland, fest in der Hand des Feinschmeckertums. Diese Entwicklung geht so weit, dass sogar die Homepage von Herrenmagazin die Rubrik "Rezepte" aufweist. Gut, bislang findet man dort erst einen Tipp - zu empfehlen: Wassermelone mit Ziegenkäse - doch die Idee, Hör- und Geschmacksinn zu verknüpfen, ist so charmant wie aberwitzig und sollte den Nerv der Zeit treffen. Ebenjenen werden sie mit ihrem zweiten Album, "Das wird alles einmal Dir gehören", wohl verfehlen, klingt die Platte doch wie eine deutschsprachige Version dessen, was The Get Up Kids und Jimmy Eat World in den späten 90ern so groß machte: lausbübischer, beseelter Rock ohne künstliches Gehabe, angetrieben von einer Menge Herzblut.

Die Musik des bandgewordenen Herrenmagazins ist herrlich aus der Zeit gefallen und kümmert sich wenig um Trends und Hypes. Der State of the Art wird hier großspurig umkurvt, während das Quartett die Hemden hochkrempelt und die Zigaretten lässig in den Mundwinkeln tanzen. "In den dunkelsten Stunden" eröffnet das Album und stellt gleich zu Beginn fest: "Ich glaube an das Böse im Menschen / Ich glaube an das jüngste Gericht / Ich glaube, Gott hat diese Erde verlassen / Ich glaube noch eher, es gibt ihn nicht." Herrenmagazin produzieren mehr als gängige, parolenhafte Allgemeinplätze: Nein, die vier Hamburger beobachten scharf, klingen manches Mal gar verzweifelt, vielleicht auch, weil die Stimme von Deniz Jaspersen per se eher Trauer trägt. Die Gitarren und das zurückgelehnte Schlagzeugspiel bilden das Fundament für eine gar nicht so verhängnisvolle Mélange à Trois: Hier treffen treibender Indierock, flinker College-Pop und schlaue Texte aufeinander und gehen in elf schlüssigen Kompositionen auf.

"Alle sind so", die erste Single, lässt an Kettcar und Jupiter Jones denken, und wenn das Wort nicht dermaßen in kajalgetränkten Verruch geraten wäre, ja, man könnte das auch einfach Emo nennen. Also in Anlehnung an den guten US-Midwestern-Emo, versteht sich. "Das wird alles einmal Dir gehören" ist der konsequente, vielversprechende Nachfolger zum Debüt "Atzelgift". Vielleicht würde etwas mehr Experimentierfreudigkeit dem Sound nicht schaden. Nichtsdestotrotz zeugen diese tollen Lieder eindrucksvoll von Leidenschaft und Aufrichtigkeit. Herrenmagazin, das sind die Jungs von nebenan, die nicht nur nett sein können, sondern auch melancholisches Schwelgen beherrschen. Und falls man mal keinen Ziegenkäse mehr im Kühlschrank hat, kann man bestimmt bei ihnen klingeln. Und sie am besten selbst loslegen lassen. Nicht jeder Koch verdirbt den Brei.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • In den dunkelsten Stunden
  • Erinnern
  • Alle sind so
  • Kasper

Tracklist

  1. In den dunkelsten Stunden
  2. Erinnern
  3. Alle sind so
  4. Gespenster
  5. Fahne
  6. Hals über Kopf
  7. Gold für Eisen
  8. Onze
  9. Kasper
  10. Keine Angst
  11. Krieg
Gesamtspielzeit: 37:30 min

Im Forum kommentieren

simmerl

2012-10-07 21:33:17

push it!

Muss man mal sagen können dürfen!

2010-11-14 19:11:38

Hope is not enough!

Magge

2010-11-14 19:11:21

der ist nicht von nuhr!!!!aber egal..

ä-on

2010-11-14 19:08:55

welcher spruch?

Na, "Ich weiß gar nicht ob sies wussten..."

Magge

2010-11-14 19:02:04

gute platte!
keine angst,und alle sind so gefallen mir sehr gut.

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