Plan B - The defamation of Strickland Banks

Atlantic / Warner
VÖ: 30.07.2010
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Am Rockzipfel des Soul

Der Fluch des guten Aussehens, eine Qual. Wer kennt das nicht? Man(n) kann sich kaum retten vor Frauen, die einem Nummern und Höschen zuwerfen. Im schlimmsten Fall kommt einem in dem Stress dann der Fehler unter, zwei Dates zur gleichen Zeit gelegt zu haben. Glücklicherweise liegen die beiden Treffpunkte dank der Fügung des Schicksals mindestens im gleichen Block. Niemand muss zu kurz kommen, also jeder Toilettenaustritt zum Ortswechsel genutzt, bis der Satz fällt "Du benimmst Dich heute Abend so merkwürdig."

Okay, was Grundstoff für zahllose Comedyautoren ist, passiert in der Realität wohl leider niemandem. Keine Ahnung, wer diese Szenen in die Welt gesetzt hat. Wäre es aber nicht längst geschehen, gäbe es jetzt jedoch einen heißen Kandidaten dafür. Zuerst war da der Flirt mit der kleinen Gangsterbraut HipHop auf dem Debüt, den Plan B mal so eben locker aus den Stimmbändern schüttelte. Und nun der Rockzipfel des Soul, der schon im Schrank mit den Präfixen Motown und Northern rumhing. Jetzt könnten die ersten flöten, dass das unauthentisch sei, dass dieser Tanz auf zwei Hochzeiten scheitern wird, und überhaupt war dieser Wurf schon in den britischen Charts oben drin.

Doch "The defamation of Strickland Banks" muss sich diese Vorwürfe gar nicht aufbinden lassen. Denn in den meisten Momenten hält sich die Instrumentierung entspannt zurück und lässt der Stimme von Plan B erst Mal ihren Lauf wie in "I know a song". Und mit dieser kann er schmachten und schmalzen, ohne dass es unangenehm wird. Auch die Single "She said" zieht ihre Kreise und umhüllt die Zeilen mit Streichern, Bläsern und Rhythmus. Wenn dann "Welcome to hell" mit leichtem Gospeleinschlag bittersüß und gemein seinen Titel runterspult, ist klar, dass hier jemand genau weiß, was er tut. Der Wille zu diesem Stilwechsel ist an keiner Stelle übers Knie gebrochen. "Hard times" darf sich unschuldig den Kopf zwischen zahllosen Jackson-5-Best-Ofs waschen - und das, ohne jemals Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit aufkommen zu lassen. Nicht klotzen, sondern kleckern. Geht auch viel einfacher.

Selbst in den wenigen Momenten, in denen Plan B doch noch ein paar Rhymes raushaut, entsteht nie der leiseste Verdacht der Künstlichkeit. Das fügt sich einfach in die Arrangements, die den Spannungsbogen in ihren paar Minuten halten. Alles kleine, kompakte Pakete, die eine Stimmung durch das ganze Album tragen. Dass sich hinter diesen dann auch noch die Geschichte eines britischen Soul-Sängers verbirgt, der letztendlich im Knast landet für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat, zeigt die Ideen hinter dieser Dramaturgie, die in jeder Sekunde brennt. Ein paar Klischees werden umgekrempelt, andere wiederum überzogen. Dazwischen findet sich der Platz für zahlreiche charmante Melodien und schmeichelnde Harmonien. Das Bild ist geprägt von jemandem, der genau weiß, wohin er den Blick lenken muss. Ein Schritt, der nur dann gewagt wäre, wenn das Endergebnis nicht so bestechen würde. Ein Soundtrack der Liebe, eine Geschichte mit Gefühl direkt von der großen Leinwand.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • She said
  • Welcome to hell
  • The recluse
  • I know a song

Tracklist

  1. Love goes down
  2. Writing's on the wall
  3. Stay too long
  4. She said
  5. Welcome to hell
  6. Hard times
  7. The recluse
  8. Traded in my cigarettes
  9. Prayin'
  10. Darkest place
  11. Free
  12. I know a song
  13. What you gonna do
Gesamtspielzeit: 50:08 min

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