Drake - Thank me later
Motown / UniversalVÖ: 11.06.2010
Das Memobile
In Nordamerika liegt ein Land, das gerne belächelt wird. Der Duft von Ahornsirup in der Luft kann nämlich nicht über den Ruf hinwegtäuschen, dass Kanada praktisch ausschließlich aus Nadelwald besteht. Und jetzt rollt jemand aus eben jenem angeblich so gemütlichen Nest den gesamten Rap-Verein von hinten auf. Auf kaum ein Debüt wurde gerade in Amerika so hoffnungsvoll gewartet wie auf "Thank me later", wo es für jeden bisher veröffentichten Schnipsel einhellige Lobeshymnen gab. Dabei scheint es bei Drake auf den ersten Blick nicht anders zu sein als beim anderen Zögling von Kanye West. Auch hier kein Gepose, keine dicken Eier, Autos, Ärsche oder sonst was. Doch wo Kid Cudi immer mehr ausuferte, beschränkt sich Drake auf die nötigsten Elemente. Die Beats pochen trocken durch die ersten Durchgänge. Der Flow ist ebenso reduziert und nimmt nur dann Schwung auf, wenn er um die Ecke will.
Wer da einsteigen will, braucht Geduld. Knirschend mahlt "Shut it down" seinen Groove herunter, bevor sich am Ende ein Klavier einschleichen darf. Richtiggehende Höhepunkte sind Mangelware, oft ist es einfach nur ein Gefühl, das sich über einen ganzen Song spannt. "Fireworks" stiert in den Nachthimmel und lässt sich in Gedanken treiben, Melancholie wird von einem Klavier gebrochen, bevor Drake einsteigt. Ein hagerer Rhythmus verweigert eine Steigerung und bricht gar kurz ab, wenn Alicia Keys ran darf. Hoffnungen und Erinnerungen fließen bei Drake zusammen. "Karaoke" pumpt zart seine Rhythmen in die Stille, die mit ganzer Kraft die Rhymes tragen. Dass dies nicht im leeren Raum stattfindet, ist durch die Produktion gesichert, auch wenn die Liste der Mitwirkenden lang ist: Neben Kanye West zimmerten unter anderem Swizz Beatz, Birdman, Lil' Wayne und Timbaland das dunkle Kämmerlein von "Thank me later". Auch Gäste wie Lil' Wayne, Jay-Z und Nicki Minaj fügen sich unaufgeregt ins Bild. Eine Zurückhaltung, die der richtige Schritt ist, damit sich die Stimmung Stück um Stück zusammenfügt.
Die Eigenheiten schälen sich erst nach und nach heraus, etwa wenn der Refrain von "Fancy" surrt und "Cece's interlude" ein Gitarrensolo in die Runde schickt. Erstaunlich, dass Drake mit 23 Jahren schon genug Geschichten aufbereiten kann, die sich in diese Umgebung verweben lassen. Dabei ist er gleichermaßen Rapper und Sänger, den knöchernen R&B vieler Songs besorgt er gleich selbst, und "Find your love" funkelt stur vor sich hin und bietet doch genug Platz zum Luftholen. "Thank me later" bleibt bis zum Ende hin zwar durchschaubar in seiner Introvertiertheit, aber undurchsichtig in seinen Spleens. Im Kern ist dieses Album nicht nach vorne gerichtet, sondern flüchtet sich in die Zeitlosigkeit. Die obere Fläche mag zwar blitzblank sein, aber darunter liegen Gedankensplitter und Gedächtnisscherben, aus denen Drake dieses Memobile zusammengestellt hat. Es braucht jedoch keinen Wind, keinen Atemzug, um zu klingen. Das macht es nur, wenn es will.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Karaoke
- Fancy
- Shut it down
Tracklist
- Fireworks
- Karaoke
- The resistance
- Over
- Show me a good time
- Up all night
- Fancy
- Shut it down
- Unforgettable
- Light up
- Miss me
- Cece's interlude
- Find your love
- Thank me now
- Best I ever had
Referenzen
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