Green Day - Original Broadway cast recording American idiot
Reprise / WarnerVÖ: 14.05.2010
So ein Theater
Von wegen Affentheater! Als die Pop-Autodidakten von Green Day vor sechs Jahren nach Harmonien für ihre damals aktuelle Platte "American idiot" fahndeten, dachten sie dabei nicht bloß an "Pet sounds", "Abbey road" oder an kleine Bühnen. Sondern auch an Andrew Lloyd Webber, "Jesus Christ superstar" und große Show. Später konnte man das aus jedem Loblied auf jenes "American idiot" raushören: Green Day hatten sich rausgespielt aus ihren Rock-Kaschemmen, rein in die Multiplex-Arenen, die ihre überlebensgroßen Songs noch tragen konnten. Fünf Jahre später schließt sich ein Kreis, als "American idiot" als Broadway-Stück zur Uraufführung geladene Gäste empfängt. Hier ist die Musik dazu.
Die Kritiken zum Musical reagierten bunt gemischt, richtig überraschen sollte der Ausfallschritt von Rock Am Ring zum Broadway allerdings niemanden. Man hört das nicht zuletzt auch auf dieser Platte hier, die mehr Neuauflagen enthält als der Katalog so manchen Taschenbuch-Verlags: Noch immer fahren die Billboard-Hits von "American idiot" so viel Geste und Projektions-Fläche spazieren, dass sie auch auf der großen Bühne kaum so verloren aussehen wie weiland Elliott Smith im Heulbojenschatten von Celione Dion. Noch immer steckt in diesem Album genug an plakativem Post-9/11-Getöse, um damit Resonanzraum für Geschichten um desillusionierte amerikanische Teenager zu sein. Und noch immer ist "Jesus of suburbia" in so viele Akte unterteilt, dass der Hörer zwischendurch aufs Klo gehen und wiederkommen kann, ohne etwas im Programm zu verpassen. Musik wie ein Bühnenstück, zu dem der Vorhang ganz prima geöffnet und wieder geschlossen werden kann, wann immer es die Regie verlangt. Musik wie die auf "Original Broadway cast recording American idiot".
Im Ohr allerdings ist diese Broadway-Veranstaltung um Teenager-Geschichten im Amerika nach Bush, Bin Laden und Oprah Winfrey ähnlich spektakulär wie ein Bildausfall im Halbfinale einer Fußball-Europameisterschaft. Bela Rethy im Urlaub, Heribert Zimmermann springt ein. Und ähnlich überraschend wie all die Punkrock-Coverversionen von Jackson's "Billy Jean", die Punkrockbands durch Jugendzentren treiben. Natürlich kann man die Gassenhauer von Green Days letzter und vorletzer Platte, die sich hier auf diesem Doppel-Album versammelt haben, nicht zerstören. Natürlich bleibt "Holiday" ein Hit, egal, wer ihn singt, ob man ihn mit Gitarren Klavier, Orchester, Sopranos oder Glöckchen unterbuttert – oder nicht. Und natürlich wäre "Wake me up when September ends" auch in der Remix-Version von Scooter noch erträglich. Und wer während "Jesus of suburbia" pinkeln muss ... wie gesagt: Nur zu.
Aber abgesehen davon, dass kein Punkrock-Produzent der Welt die professionellen "Ahh"- und "Oooh"-Chöre dieser Platte geradebiegen muss, damit sie nicht windschief nach Punkband klingen, abgesehen davon passiert musikalisch hier gar nicht mal so viel, das nicht schon längst passiert wäre. "Last night on Earth" verwandelt sich für ein paar Minuten in ein Stückchen Kammermusik, die Abendgarderobe in "21 guns" sitzt, und auch Green Day selbst spielen die gleichen Powerchords wie immer. Doch eigentlich war auch das vorher klar: Denn was sollen überlebensgroße Theater-Interpretationen von Musik, die sowieso schon überlebensgroßes Theater war?
Highlights & Tracklist
Highlights
- Boulevard of broken dreams
- Wake me up when September ends
Tracklist
- American idiot
- Jesus of suburbia
- Holiday
- Boulevard of broken dreams
- Favorite son
- Are we waiting
- St. Jimmy
- Give me novocaine
- Last of the American girls/She's a rebel
- Last night on Earth
- Too much too soon
- Before the lobotomy
- Extraordinary girl
- Before the lobotomy (Reprise)
- When it's time
- Know your enemy
- 21 guns
- Letterbomb
- Wake me up when September ends
- Homecoming
- Whatsername
- When it's time
Referenzen
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