Stereo Total - Baby ouh!
Disko B / IndigoVÖ: 26.03.2010
Spaß ist anders
Es reicht! Und zwar endgültig! Es mag ja einmal ein großer Spaß gewesen sein. Aber auch einst geliebten Relikten einer längst vergangenen Zeit muss irgendwann ein Ende gesetzt werden. Und was bei Stereo Total vor einer gefühlten Ewigkeit einmal bestens funktioniert hat, wirkt nicht erst seit diesem Jahr befremdlich. Man erinnert sich noch an die vielen Kleinigkeiten, die diese Band ausgemacht haben. Etwa an die verquirlte Stimme von Françoise Cactus, wie sie in kindlicher Manier ihr deutsch-französisches Kauderwelsch zum Besten gab. An einfache und doch großartige Popmelodien. An Songs wie "Liebe zu dritt" oder "Wir tanzen im 4-Eck" und an durchtanzte Sommernächte im Pop-Rausch. Und merken: Das alles ist lange her und längst vorbei.
Und so klingt alles, was einem beim Hören des neuen Albums "Baby ouh!" einfällt, wie eine Art Nachruf auf eine Band, die einst leichtfüßig Grenzen überschritt, doch nun auch den letzten Elefantenfuß darübergesetzt hat. Wie man es dreht und wendet, es mag es einfach nicht mehr zünden mit Stereo Total. Im noch erträglicheren "Alaska" fragt die vollkommen unpassende und schon beim ersten Mal unangenehm auffallende Roboterstimme, die unbestätigten Gerüchten zu Folge von einem Handy kommt: "Haben - Sie - eine - Nachricht?" Ja, aber keine gute. Das hier tut in der Seele weh. Ebenso wie der Opener "Hallo Damenklo", der in ein genau solches gehört. Auch "Du bist gut zu Vögeln", die 2010er Version des eins charmanten Klassikers "Liebe zu dritt", wirkt nicht nur dank des Gezwitschers im Hintergrund derart affektiert, dass jegliches Schmunzeln wie im Flug verschwindet.
Nein, Spaß ist anders, und nur durch möglichst viele Nonsens-Texte, Drehungen und Wendungen wird ein Song noch lange nicht zu einer witzig-spritzigen Popnummer. "Wenn ich ein Junge wär" offenbart nicht nur lyrisch den Allerwertesten, sondern zieht beim Hörer dank seiner 200 Loops pro Minute bereits in den ersten 10 Sekunden blank. Von einem melodisch ähnlich üblen Kaliber ist der Titelsong mit seinem Suicide-Super-Mario-Gefiepe und noch mehr Loops, die die Gewissheit erhärten, dass von den früheren Stereo Total nicht mehr viel übrig geblieben ist. Was einst ein Garant für schillernde und trashige Musikmomente war, ist nunmehr ein Schatten seiner selbst. Schluss mit lustig - wir tanzen schon lange nicht mehr im 4-Eck, sondern springen zornig im Dreieck. Auf ein beknacktes Wortspiel mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Alaska
- Babyboom ohne mich
Tracklist
- Hallo Damenklo
- Alaska
- Divines Handtasche
- Andy Warhol
- Barbe à papa
- No controles
- Du bist gut zu Vögeln
- I wanna be a mama
- Babyboom ohne mich
- Lady Dandy
- Illégal
- Wenn ich ein Junge wär
- Tour de France
- Larmes de métal
- Elles te bottent, mes bottes?
- Baby ouh
- Radio song
Referenzen
Spotify
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