Turbostaat - Das Island Manøver
Same Same But Different / WarnerVÖ: 09.04.2010
Die ewigen Rätsel
Es geschah im Mai. Als Turbostaat-Gitarrist Marten Ebsen am 21.05.2009 seiner Blogger-Maschine Tastengas gibt, kriegt das neben Turbostaat-Fanclubs und Punkzine-Machern auch sonst so einiger mit. "Nach 3 Tagen Nordfriesland: Corpsepaint bekommen und Aggromucke ist Gott", bloggt Marten während einer kurzen Auszeit. Den Fotobeweis bleibt er bis heute schuldig, leider. Die Auszeit braucht er allerdings: Seit Tagen sitzen Turbostaat an diesem 21.05.2009 in Fresendelf fest, Postleitzahl 25876, Einwohnerzahl 94. Freiwillige Quarantäne an einem Ort, an dem es mehr geknackste Deiche als intakte Fernsehantennen gibt. Der Wind peitscht einem hier 365-366 Tage im Jahr die halbe Watt ins Gesicht, Meersalz oder auch mal den Regen. Hier, in Fresendelf im Mai 2009, stapeln Turbostaat leere Flaschen Pils, brechen vermutlich so manchen Meter-Liter-Rekord und schreiben daneben an neuen Songs für eine Platte namens "Das Island Manøver", die weniger als ein Jahr später erscheint. Und die, wie man hier sieht, schon längst nicht mehr ausschließlich in Fan- und Punkzines stattfindet. Und wieder über ein Majorlabel in den Handel kommt. Auch nach "Vormann Leiss" ist das keine Selbstverständlichkeit. Sondern vielmehr ein kleines Rätsel.
Kein einziger kompletter Song vergeht auf dieser "Das Island Manøver"-Platte, da hat er sich wieder in seinen Rachut-Sprech vergrantelt, Sänger Jan Windmeier. Ausgerechnet mit einer Stimme wie aus dem Werbespot für Hustensaft. Und wenn "Das Island Manøver" gleich in "Kussmaul" wieder bockt, ganze Takte mit Karacho an die Wand fährt, ohne auch nur einmal nachzufragen, wie es ihnen geht, dann staunt man jedes Mal aufs Neue darüber: dass es diese Sorte Schredder-Punk je rausgeschafft hat aus seiner Nische, aus dem Ox-Fanzine, aus Schleswig-Holstein. Es muss etwas mit diesen Songs zu tun haben. Und mit dieser Band. Dies alles ist bis hierher übrigens als Kompliment zu verstehen.
Auch auf "Das Island Manøver" lassen Turbostaat ihre Gitarren alte Wipers-Alben beweinen, als wäre Greg Sage gestern beerdigt worden. Der Bass brummt, als käme er frisch geföhnt aus dem Schiffen-Katalog. Sie alle hallen, wimmern, wummern durch Nummern, die mal wieder mehr gaga heißen, als sie gaga sind: "Ufos im Moor" ist natürlich keine B-Seite eines B-Film-Soundtracks, sondern Tempo-Punkrock, der sich kurz vor Ende in die Hände eines Wahnsinnigen verläuft. "Fraukes Ende" ist kein Pilcher-Roman, sondern die traurige Geschichte von Frauke, Alter unbekannt, ungewollt geschwängert. Und der "Fünfwürstchengriff" ist genauso wenig eine Ab-18-Sauerei, wie es seinerzeit "Die Stulle nach dem Schiß" schon nicht war. Es gibt Dinge, die bleiben überwiegend so gut, wie man sie in Erinnerung hat.
Ausgekoppelt, einen Clip gedreht und ab dafür haben Turbostaat "Pennen bei Glufke". Einen Song, der gar nicht mehr damit aufhören will, mit den Füßen zu wippen. Der immer ein bisschen Platz lässt für diese Momente und Mitgröl-Refrains, während denen man nicht immer weiß, ob man sie mitsingen oder doch lieber auf Rezept mit zwei Löffeln Zucker runterschlucken sollte. Vielleicht ist es ja dieser Spagat aus Zum-Mitdenken und Zum-Mitmachen, der das Geheimnis hinter Turbostaat und auch wieder "Das Island Manøver" ist. Vielleicht ja auch nicht. Unser nächster Betriebsausflug führt uns jedenfalls nach Fresendelf, Nordfriesland. Der Chef hat wegen seines reanimierten VW-Bullis mit VfB-Logo von '81 schon mal den TÜV und Flensburg vorgewarnt, wegen der Trackliste fürs Turbostaat-Mixtape streiten wir uns noch. Wird vielleicht ja doch noch Reamonn. Wir hoffen jedenfalls, da was aufzudecken und zu enträtseln, in Fresendelf, rein investigativ, versteht sich. Und wenn es nur die Sache mit dem Corpsepaint von damals ist.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Surt&Tyrann
- Pennen bei Glufke
- Täufers Modell
Tracklist
- Kussmaul
- Surt&Tyrann
- Fraukes Ende
- Pennen bei Glufke
- Ufos im Moor
- Das Island Manøver
- Urlaub auf Fuhferden
- Fünfwürstchengriff
- Strandgut
- Täufers Modell
- Bossbax
- Oz Antep
Im Forum kommentieren
baam
2010-04-15 21:17:21
hm also manche lieder laufen iwie nich so rein.
taufers modell und strandgut,aber dafür island manöver richtig geil und fwg kann auch was!
aber an vormann leiss kommts nich ran
toolshed
2010-04-15 02:29:51
Bis auf 'Fünfwürstchengriff', mit dem ich mich momentan noch schwer tue, alles wahnsinnig starke Songs. 'Das Island Manøver'
ist nahezu ein Musterbeispiel dafür, wie man sich konsequent weiterentwickelt, ohne dabei gleich seinen alten Fans vor den Kopf zu stoßen. Von der befürchteten Anbiederung an den Mainstream kein Hauch von einer Spur.
Kann den 15. Mai kaum noch erwarten. :)
bxh
2010-04-10 16:10:20
hey, sehr kurzweilie platte, pah, die ist echt was geworden.
und live eh ne bank, wie ich mich freu
toolshed
2010-04-10 03:04:06
Geiles Album!
Anders.. knüpft aber dennoch an alte Qualitäten an.
chefdesigner
2010-04-07 11:40:11
Turbostaat sind ne Bank - Live sowieso ! yay !
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