Katzenstreik - Move

Unterm Durchschnitt / Broken Silence
VÖ: 11.12.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Von Fans für Fans

Alle Platten haben eine Vorgeschichte. Bloß drucken mag sie niemand. Weil sie auch dann nicht druckenswerter wären, würde man sie bei Herzschlag 180 durch den Spannungsgenerator jagen, mit Superlativen überstreuen und bei 320 Grad so lange backen, bis ihre Gewöhnlichkeit zumindest in Richtung Knusprigkeit konvergiert. Die Vorgeschichten von Platten sind alle so gleich, man könnte sie für eineiige Zwillinge halten: Treffen sich vier Musiker in der Kneipe ... Oder: Besaufen sich drei Plattenfirmen-A&Rs an der Cocktail-Bar ... Und dass das nächste Robbie-Williams-Album das übernächste bestimmt wieder vordiktiert, ist vielleicht Business-Gesetz. Aber noch lange keine gute Geschichte.

Mit der Vorgeschichte dieser Katzenstreik-Platte ist das anders. Nicht bloß, weil es sie fast nicht gegeben hätte. Man hört ihr das schon aufs erste Ohr an, dass irgendetwas an ihr anders gewesen sein könnte. Das passiert nämlich garantiert auf keiner Platte, die derzeit bei Media Markt die Regale warmhält: Dass sich ein paar Melodien an übersteuerten Punk-Gitarren vorbeischleichen müssen, bis man meint, man habe sich verlaufen - nach circa 1995. Statt Bling-Bling-Beats von Timbaland poltert hier eine Bass-Drum, die man unter Artenschutz stellen könnte. Obendrauf setzt es Lyrik, die Deutsch mit Englisch verknotet, die Bilder auch mal windschief aufhängt und die den Mittelfinger poliert. Für all die Ich-AGs, die "Geiz ist geil!" zu ihrem (Lebens-)Motto deklariert haben. Und dann sind da noch Hits wie "Are you really connected", die man in keinem Frühstücksradio je zu hören bekommen wird. Die unter uns bleiben werden. Uns, uns, uns, uns.

Tatsächlich waren Katzenstreik selbst schon immer ein bisschen klamm in der Portokasse. Ihre Aufnahme-Budgets sind so winzig, dass man mit ihnen nicht mal ein Girokonto eines Drittklässlers überladen könnte. Ihr Drang nach Selbstbestimmung so groß, dass für sie nach dem Ausschluss-Prinzip nur eines jener Winz-Labels übrig bleibt, für das Idealismus mehr zählt als ein Startplatz im Rennen um die Download-Charts. "Move", dieses Album hier, wäre ohne gute Fans, Freunde und Bekannte gar nicht erst entstanden. Katzenstreik sind chronisch blank und riefen um Hilfe. Und die kam: ein paar tausend Euro später stand immerhin das Fundament dieser Platte. Etwas später: 14 Songs zwischen alten Jawbreaker und The Promise Ring. Glückliche Gesichter. Musik, die man auch ohne Text als Gegenentwurf zu Gewinn-Maximierung, globalisierten Refrains und Klingelton-Werbung begreifen würde. Emopunk aus einer Zeit, als das noch kein Schimpfwort war. Eine Herzensangelegenheit. Und ein kleiner Sieg von großen Idealisten.

(Sven Cadario)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Do it
  • Are you really connected
  • Move

Tracklist

  1. (psssst)
  2. Do it
  3. Bone
  4. Change
  5. Armageddon hot chicks
  6. Are you really connected
  7. Eat
  8. Conditions
  9. Boy
  10. Laeufer
  11. Move
  12. Love is a battlefield
  13. Reconnection
  14. Shot
Gesamtspielzeit: 42:44 min

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum