Eels - End times
Vagrant / Cooperative / UniversalVÖ: 22.01.2010
Stadt, Land, Schluss
Den Moment selbst hat E ausgespart. Hat sich beschränkt auf das Davor und das Danach. "Hombre lobo. 12 songs of desire" beschrieb vor einem halben Jahr den Zündfunken von Leidenschaft und Verlangen, den Moment des Spiels von Sehnsucht und Anziehung am Anfang einer Beziehung. "End times" setzt nun dort ein, wo die Zweiergemeinschaft gescheitert ist, der Ich-Erzähler mit seinen Zweifeln, seiner Wut und seiner Resignation hadert, in Erinnerungen und Trauer schwelgt und sein Leid in der Welt gespiegelt findet. Im Vergleich zum Vorgänger handelt hier jedoch kein fiktiver Werwolf mehr: "Based on a true story" verkündet das Cover in großen Lettern, schweigt sich aber sonst über dessen Wahrheitsgehalt aus. Aber wer wollte das erfinden, was E alleine im Keller mit der ihm eigenen Intensität auf ein altes Vierspurgerät gebannt hat?
Es ist nicht das erste Break-up-Album des Düsterlings: Schon das 1993 schlicht als E veröffentlichte "Broken toy shop" hatte die gleiche Seelenpein zum Thema, die uns mit "End times" nun ein gereifter Mann und Künstler unterbreitet. "In my younger days" spricht es aus: "In my younger days / I would've just chocked it up / As part of my ongoing education / But I've had enough". So resümiert der Verlassene die weitere Lebenslektion, die ihm das Glück versagt hat, und zeigt sich am Schluss müde: "I just need you back." Schon der Einstieg in das Album könnte trügerischer kaum sein: Zu ganz leisen Tönen baut E das romantische Panorama einer harmonischen Liebe auf, nur um diese beiden Strophen mit dem schlichten Nachsatz "in the beginning" wegzuwischen und so die gesamte folgende Tragödie vorwegzunehmen.
Zur Trauer gesellt sich mit "Unhinged" der wütende Garagen-Blues-Vorwurf an die Geliebte, dem auch das eigene Scheitern innewohnt: "You need help baby" enthält deutlich mehr Ich als Du. "Gone man" wiederum hat bereits mehr Distanz zum Geschehen aufgebaut und setzt sich beinahe konstruktiv mit den eigenen Fehlern auseinander. Wo die private Welt zerbrochen ist, kann die reale nicht ohne Kratzer bleiben: "End times" und "Nowadays" sehen im eigenen Verlust den schleichenden Weltuntergang durch die Erosion des Zwischenmenschlichen und den Werteverfall - ein bedrückenderes und realistischeres Szenario, als es jeder Roland-Emmerich-Weltuntergangsporno je schaffen könnte. Auch der Beatles-Fan E tritt auf "End times" deutlicher als sonst hervor: "Nowadays" versenkt seinen Heilungswunsch in einer dezenten "Let it be"-Anlehnung, und bei "A line in the dirt" scheint der Einbruch der Sgt.-Pepper-Fanfaren gegen Ende kurz bevorzustehen - und doch bleibt der Song eine schlichte Pianoballade über einen Punkt, an dem die Beziehung bereits unrettbar verloren ist.
Das Prachtstück von "End times" aber ist "Little bird", in dem E mit dem denkbar einfachen Bild eines Mannes, der einem Vogel sein Leid klagt, die größten Gefühle weckt: "Right now you're the only friend I have in the world / And I just can't take how very much / Goddamn / I miss that girl." Am Ende blitzt im kontemplarisch instrumentierten "On my feet" inmitten der typischen E-Duldsamkeit, mit der er sein Unglück vorträgt, fast so etwas wie Aussöhnung auf: "It's a mad mad mad mad mad mad world / And it's hard to make any sense of it / But one thing I know that is true in this world / Is the love that I felt for you." Trotzdem kann die gewohnt gefühlstiefe Erzählung von "End times" nicht verhehlen, dass E sich stellenweise wiederholt, mehr noch, als das auf "Hombre lobo" der Fall war. Auch wenn er mit Blick auf seine Familiengeschichte die Uhr bereits ticken hören mag - wie ein passables Ende kommt einem dieses achte Eels-Album noch nicht vor. Mehr als seinem Publikum schuldet er sich selbst noch den einen (musikalischen) Moment. Den, in dem alles gut ist.
Highlights & Tracklist
Highlights
- In my younger days
- End times
- Little bird
Tracklist
- The beginning
- Gone man
- In my younger days
- Mansions of los feliz
- A line in the dirt
- End times
- Apple trees
- Paradise blues
- Nowadays
- Unhinged
- High and lonesome
- I need a mother
- Little bird
- On my feet
Im Forum kommentieren
heidl
2012-09-26 15:08:00
Mich erinnert die ganze Stimmung dieser Album-Trilogie an "Somewhere" von Sofia Coppola. Eine unglaublich triste, depremierende Sommer-Stimmung. So richtige Hundstage quasi...
Eigentlich nicht das erstrebenswerteste. Und doch fängt mich die Atmosphäre immer wieder aufs neue ein. Das Konzept Tag-Nacht-Morgen funktioniert hervorragend und es bleibt über alle 3 Alben hinweg der Spannungsbogen aufrecht. Zusammen mit den Bonus-EPs hat E hier etwas ganz besonderes auf die Beine gestellt, kein Vergleich zu den früheren Alben und Wiederholungen sind höchstens in einzelnen Songs erkennbar. In Songs wie "The Longing", "I'm a Hummingbird" oder "This is Where it Gets Good" ist sehr wohl Weiterentwicklung erkennbar.
Frage (über zwei Jahre später, aber egal)
2012-09-04 12:11:52
sich spannende Musiker und einen interessanten Produzenten suchen
Warum genau sollte er sich perverse Musiker, die Frauen heimlich beim Duschen beobachten, dazu holen?
Nash
2012-09-04 11:54:19
doxycycline tbwelw accutane =]]]
SvK
2010-01-31 16:06:43
8/10 passt. und nichts ist schlimmer als künstler, die meinen sich immer wieder neu erfinden zu müssen.
Pitty
2010-01-31 15:08:30
Ich find die Platte sehr gelungen. Das Titelstück, der Opener und Little Bird sind großartig. Der Rest ist ebenfalls nicht zu verachten. Um einiges besser als Hombre Lobo, aber natürlich nicht ganz so genial wie Electro-Shock Blues und/oder Daisies Of The Galaxy.
8/10
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