King Midas Sound - Waiting for you

Hyperdub / Cargo
VÖ: 27.11.2009
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ein Samen des Nichts

Kaum etwas kann Menschen so adhoc in Panik versetzen wie die Dunkelheit. Vielleicht liegt das daran, dass mehr und mehr auf visuelle Dinge gesetzt wird. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte und so. King Midas Sounds "Waiting for you" ist nun der Angriff des Rhythmus auf alles, was sich auf der Netzhaut wiederfindet. Für Farben ist kein Platz. Monotonie wird so lange gedehnt, bis selbst sie überfordert wird. Die Vorstellungskraft kommt an ihre Grenzen und muss sich dem Nichts dieser Scheibe einfach geschlagengeben.

"Meltdown" ist ein Lecken über süßen Asphalt, und es stellt sich unweigerlich die Frage, ob das dunkle Herz nicht doch irgendwann aufgeben muss. Zu oft bleibt alles stehen, und die Schatten halten in ihren Bewegungen inne. Die Stimmen verwischen auf der beschlagenen Scheibe, hinter der sich die letzten künstlichen Lichter der Stadt gegen die Nacht wehren. Doch es ist hoffnungslos, denn selbst der Tag kann den Schmutz der Dunkelheit nicht mehr von den Gebäuden kratzen. Dabei ist es sowohl hier als auch in "Earth a killya" die Stimme von Hitomi, die wie eine Spitze in der pulsierenden Finsternis wirkt. Der Bass und die Beats brechen jedem Ansatz von Melodie die Beine. Zu ihrer Wiederauferstehung muss in den verkrüppelten Texten gewühlt werden, die von der Straßenweisheit zum Mantra schwellen, wenn sie denn wollen.

Ängste werden hochgeholt, und irgendwie geht in jedem Stück ein bißchen mehr von einem selbst verloren. Entrückt hockt das Monster dieses Albums unter dem Bett. Es braucht nicht mit den Zähnen zu fletschen oder nach dem Knöchel zu greifen, der unter der Decke hervorgerutscht ist. Es reicht, dass der Hörer um seine Anwesenheit weiß. Denn die Stücke locken und verführen. Schon "Cool out" erweist sich als Lebkuchenhaus im Walde, das mit seiner Sprachmelodie alles richtig macht. Doch auch dieser ausgebuffte kleine Sack mit seinem urbanen Selbstbewusstsein, das sich langsam aufbaut und mehr und mehr auf die Basstube haut, hat hinter seiner Fassade nur die nackte Existenzverweigerung zu bieten.

Der Soul der Finsternis haucht eiskalt durch sämtliche Stücke. Alle Hoffnung ist fahren gelassen, doch der mechanische Puls unter Stücken wie "Goodbye girl" pumpt trotzdem unermüdlich wie eine Maschine. "You don't belong to me". Wenn sich die Augen an all die Kauzigkeiten dieser nächtlichen Höllenfahrt gewöhnt haben, werden Schemen sichtbar von unglaublicher Traurigkeit und Verzweiflung. Denn die Isolation wird zum Schicksal, und niemand ist einsamer als das Nichts selbst. Hypnotische Müdigkeit wird in dem stumpfen Klopfen hörbar und erschreckenderweise fühlbar. Ein Stöhnen aus den Tiefen des Betons. Ein Rauschen auf allen Kanälen.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Cool out
  • One ting
  • Meltdown

Tracklist

  1. Cool out
  2. Waiting for you
  3. One ting
  4. Earth a killya
  5. Darlin'
  6. Meltdown
  7. I man
  8. Blue
  9. Goodbye girl
  10. Lost
  11. Sumtime
  12. Outta space
  13. Miles and miles
Gesamtspielzeit: 46:53 min

Im Forum kommentieren

Harald

2010-08-15 14:33:46

Tolle Platte. Klingt eigentlich wie die logische Fortführung von Tricky nach dessen erstem Album. Schwer und dunkel. Ist auch ne schöne Vinylverpackung. So ne Art Kunstledercover. Gabs auch mal bei ner Toscaplatte.

Harald

2010-08-15 11:03:54

Tam Tam Recordshop in der Franzstraße, nicht sehr weit vom Bahnhof entfernt. Ist aber nicht so furchtbar gut sortiert und ohne große Auswahl. Meist nur ein paar wenige Neuheiten plus das, was da eben so rumsteht. Ist sehr klein und hat wie alle kleinen Läden unter den enorm zurückgegangenen Verkaufszahlen zu leiden. Die können sich einfach nicht leisten, eine Riesenpalette an Platten dazuhaben. Um Platten zu entdecken empfiehlt sich daher eher Köln mit den oben genannten A-Musik und Groove Attack. Kompakt geht auch, die haben aber nur vereinzelt Dubstep, dafür sehr viel House, Techno und Elektro.

Watchful_Eye

2010-08-15 03:00:58

Oh, nach Aachen komm ich sicher mal wieder hin. Wie heißt dieser Elektroladen?

Harald

2010-08-14 14:12:09

Ich wohne in Aachen. Das ist beim besten Willen nicht der Nabel der Welt und hier haben über die Jahre auch diverse Plattenläden zugemacht. Es gibt aber einen gut sortierten 2nd Hand-Laden plus einen Laden für Punk/Indie/2nd Hand plus einen für elektronisches Zeug. Da die Jungs, die den machen, selbst viel Drum'n'Bass, Dubstep und UK Funky hören und auflegen und dementsprechend Kontakte in die Szene haben, kennen die auch King Midas Sound. Ist zwar nicht Hardwax, Spacehall, Grooveattack oder A-Musik, aber a) kennen die das Zeug und können es b) auch bestellen (hatten die KMS aber gerade da). Das ist zwar alles immer etwas teurer, aber wie heißt es so schön: Support your local dealer!

Lars

2010-08-14 00:00:34

@ Harald

Wohnst du wirklich an einem so coolen Ort, dass du an einem Samstag auf die Straßen gehst und dir in nem Plattenladen einfach so die Vinyl von King Midas Sound kaufst?
Oder war das eher im übertragenen Sinne?
Mir fällt kein Plattenladen weit und breit ein, dessen Besitzer die Worte King, Midas und Sound in der Kombination überhaupt schonmal gehört hat..

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